Düsseldorf. . Die Grünen ordnen ihre Bildungspolitik: Kein Sitzenbleiben und „Abschulen“, aber mehr Ganztag und Gesamtschulen. Eine Entschuldigung gab’s auch.

Mehr gemeinsames Lernen, mehr Ganztag, mehr Selbstbestimmung für Schulen und Schüler, dafür kein Sitzenbleiben mehr, eine „Aufweichung“ der klassischen Schulfächer und Alternativen zu den Schulnoten – diese Ziele verfolgen die Grünen in NRW. Eine Bildungskommission der Partei hatte monatelang um eine Neuausrichtung der grünen Bildungspolitik gerungen. Grünen-Landesvorsitzender Felix Banaszak stellte am Dienstag im Landtag die Ergebnisse vor. Die Landespartei wird im Juni darüber abstimmen.

„Unser Ziel ist grundsätzlich individualisiertes Lernen“, sagte der Duisburger. Heißt: Jedes Kind soll individuell und bestmöglich gefördert werden, „mindestens bis zum ersten Abschluss nach der 10. Klasse“. Die Grünen fordern, dass alle Schulen auch den „bestmöglichen Abschluss“, also das Abitur anbieten. Direkt oder in Zusammenarbeit mit anderen Schulen.

Schulen in Not sollen mehr Hilfe bekommen

Sekundarschulen sollten zu Gesamtschulen werden, gemeinsames Lernen praktisch überall möglich sein, Gymnasien sollten auch den Hauptschulabschluss vergeben. Eine „Abschulung“, also zum Beispiel der erzwungene Wechsel vom Gymnasium auf die Realschule, soll es nicht mehr geben, (unfreiwillige) Klassenwiederholungen auch nicht.

Die Grünen fordern darüber hinaus den Rechtsanspruch auf Ganztags-Betreuung und Vorteile für jene Schulen, in denen „die Not am größten“ ist. Über einen „Sozialindex“ sollen Schulen in besonderen Quartieren oder mit besonders förderbedürftigen Kindern mehr Personal und eine bessere Ausstattung erhalten.

„Wir haben die Schulen überfordert“

Banaszak entschuldigte sich für die schulpolitischen Fehler der Grünen in der Vergangenheit. Sie hätten Lehrer, Schulen und Kinder „überfordert“ und „überlastet“. So wurde ein Rechtsanspruch auf Inklusion geschaffen, „obwohl die Bedingungen dafür nicht vorlagen“. Die Partei hält am gemeinsamen Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung fest, will die Schulen aber deutlich entlasten, unter anderem mit Sonderpädagogen, barrierefreien Räumen und „Inklusionskoordinatoren“. Spezielle „Vorreiterschulen“ sollen die perfekten Voraussetzungen für Inklusion bieten.

Mitbestimmung sollte künftig ein viel höheres Gewicht in den Schulen haben, finden die Grünen. Eine demokratische Gesellschaft brauche Kinder, die sich auch in der Schule demokratisch beteiligen können. Die klassischen Fächer gehörten auf den Prüfstand: „Heute 15-Jährige werden in Berufen arbeiten, die wir heute noch gar nicht kennen“, sagte Banaszak. Daher müsse mehr Fächer übergreifend und dichter an einem Thema gelernt werden.

>>> Parteitag entscheidet im Juni

Der Bericht der Bildungskommission der Grünen wird den Landesparteitag im Juni prägen. Dort werden die bildungspolitischen Leitlinien der NRW-Grünen diskutiert und neu formuliert.