Düsseldorf. . Gut Integrierte sollen dauerhaft bleiben, Straftäter schnell abgeschoben werden. Flüchtlingsminister Stamp wechselt zwischen Härte und Milde.

NRW verbessert die Chancen von geduldeten Ausländern auf ein dauerhaftes Bleiberecht. Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) fordert in einem Erlass die städtischen Ausländerbehörden auf, großzügig zu sein und die „Auslegungsspielräume“ beim Bleiberecht mehr als bisher zu beachten.

„Menschen, die sich bereits über längere Zeit bei uns aufhalten, hier Fuß gefasst haben, sehr gut integriert sind und im Wesentlichen auf eigenen Beinen stehen, verdienen eine Perspektive. Sie weiter im Schwebezustand zu halten oder abzuschieben ist menschlich nicht in Ordnung und volkswirtschaftlich falsch“, sagte Stamp am Montag. Kriminelle und vor allem Sexualstraftäter dürften aber nicht mit Nachsicht rechnen. Parallel zu den Erleichterungen bei Bleiberecht will die Landesregierung die Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern, besonders von Gefährdern, beschleunigen.

„Deswegen ist Sami A. in Tunesien und Bivsi hier.“

Härte gegenüber abgelehnten Asylbewerbern, Kriminellen und Gefährdern, aber Milde gegenüber jenen Ausländern, die hier zwar seit Jahren nur „geduldet“ sind, sich aber bestens in die Gesellschaft eingefügt haben. Das ist seit seinem Amtsbeginn die Linie von NRW-Integrationsminister Joachim Stamp (FDP). Am Montag bediente er mit einem Erlass den freundlichen Teil dieses Versprechens: Die Ausländerämter sollen großzügig sein bei der Auslegung des Aufenthaltsrechts und Spielräume nutzen.

Die Ämter müssen dieser Empfehlung allerdings nicht folgen. „Wir brauchen einen Mentalitätswechsel in den Ausländerbehörden“, betonte Stamp. Damit gut integrierte Menschen wie zum Beispiel die Duisburger Schülerin Bivsi, die 2017 vorübergehend abgeschoben wurde, nicht mehr um ihr Bleiberecht bangen müssen. Sein Pendeln zwischen Härte und Milde beschrieb der Minister so: „Deswegen bleibt der terroristische Gefährder Sami A. in Tunesien, und deswegen ist Bivsi aus Nepal zurückgekehrt.“

56.000 „Geduldete“ in NRW

Rund 56.000 „Geduldete“ leben in NRW. Viele von ihnen haben diesen unsicheren Status schon seit Jahren oder Jahrzehnten und ihn an ihre Kinder weitergegeben obwohl diese hier geboren sind und hervorragend Deutsch sprechen. „Das sind größtenteils Menschen, die in der Praxis sowieso nicht mehr abgeschoben werden“, sagte Stamp. Sein Ministerium erhalte viele Bittschriften von Betroffenen und von Arbeitgebern, die sich darüber beschwerten, dass einer ihrer Mitarbeiter abgeschoben werden soll. Für ein dauerhaftes Bleiberecht müssten die Geduldeten aber unter Beweis stellen, dass sie wirklich in der Gesellschaft angekommen seien. Die Ausländerbehörden sollen daher „besondere Integrationsleistungen“ prüfen:

Engagement zählt

Geduldete, die sich über einen längeren Zeitraum gesellschaftlich engagieren, zum Beispiel im Vorstand eines Vereins, bei der Freiwilligen Feuerwehr, an einer der „Tafeln“ oder im Elternverein einer Schule, haben sozusagen „Pluspunkte“ bei der Ausländerbehörde. „Es reicht aber nicht, irgendwo Vereinsmitglied zu werden“, erklärte Minister Stamp.

Wer im Beruf steht, darf bleiben

Vorteile haben auch Geduldete, die beruflich Fuß gefasst haben und eine gute Beurteilung ihres Arbeitgebers vorlegen können. Sie sollten ihren Lebensunterhalt „überwiegend selbst“ verdienen, das heißt: zu mindestens 51 Prozent, oder belegen können, dass sie in Kürze vollständig ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Gute Deutschkenntnisse sind wichtig. Sie sollten dem Level A2 des europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

Keine Nachsicht für Straftäter

„Straftaten bleiben ein K.o.-Kriterium“, sagt Joachim Stamp. „Wer sich nicht an die Spielregeln hält, der kann nicht mit Nachsicht rechnen.“ Das gelte insbesondere für Sexualstraftäter. Hier werde stets der Einzelfall geprüft. Es sei möglich, dass nicht nur schwere Strafen von zwei Jahren Haft oder mehr ein Bleiberecht unmöglich machten, sondern auch „leichte“ Vergehen.

Weniger freiwillige Ausreisen

Am Rand der Pressekonferenz teilte Stamp mit, dass die Zahl der freiwilligen Ausreisen von abgelehnten Asylbewerbern in NRW wie auch im Bund stark eingebrochen sei: In NRW von rund 14.500 Ausreisen im Jahr 2017 auf etwa 7100 Ausreisen im vergangenen Jahr. Die echten Abschiebungen steigen zuletzt in NRW um etwa zehn Prozent auf 7082.