Essen. . NRW hat die Praxis angestoßen, die der EuGH nun bestätigt: Städte dürften bei der Vergabe ihres Rettungsdienstes private Anbieter ausschließen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat die Rolle gemeinnütziger Rettungsdienste gestärkt. Wie das Gericht am Donnerstag entschied, dürfen Kreise und Städte Aufträge für rettungsdienstliche Leistungen auch ohne eine öffentliche Ausschreibung direkt an Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz oder die Johanniter vergeben. Das Urteil bedeutet einen Rückschlag für private Rettungsdienste, die versuchen, ihre Position auf dem in Deutschland bislang von Hilfsorganisationen dominierten Markt auszubauen.

Konkret ging es um einen Fall aus NRW. Die Stadt Solingen hatte 2016 ihren kommunalen Rettungsdienst neu ausgeschrieben und nur Hilfsorganisationen aufgefordert, ein Gebot abzugeben. Private Anbieter waren zum Verfahren nicht zugelassen. Das Rettungsgesetz in NRW erlaubt dieses Vorgehen, Städte müssen sich aber nicht daran halten. Ausschreibungen sind vielerorts auch für private Anbieter offen.

Privater fühlt sich von Stadt Solingen übergangen

Vergeben wurde der Auftrag in Solingen letztlich an zwei Hilfsorganisationen, die Notfallpatienten betreuen und Krankentransporte mit einem Rettungssanitäter gewährleisten sollten. Dagegen hatte Falck geklagt, einer der größten privaten Rettungsdienstleister in Deutschland. Aus Sicht des Unternehmens hätte die Vergabe in NRW in einem EU-weiten öffentlichen Verfahren durchgeführt werden müssen.

Dem hat der Europäische Gerichtshof jetzt widersprochen. Kommunen müssten Aufträge für Rettungsdienstleistungen nicht europaweit ausschreiben, wenn sie diese nur an gemeinnützige Organisationen vergeben. Bei einem Rettungsdienst zur Versorgung von Notfallpatienten handele es sich um eine Dienstleistung der Gefahrenabwehr.

Damit hat der Gerichtshof die Rechtauffassung der NRW-Landesregierung, der kommunalen Spitzenverbänden und anerkannten Hilfsorganisationen bestätigt.

Hilfsorganisationen betonen ihre Sonderstellung

Das Urteil könnte weitreichende Folgen haben. Allein Falck leistete zuletzt in neun NRW-Städten Notfallrettungs- und Krankentransportdienste, darunter Bochum, Duisburg, Hattingen und Herne. In Gelsenkirchen hatte die Firma einen Rettungsauftrag verloren und auch dort geprüft, diese Entscheidung anzufechten.

Hilfsorganisationen begrüßten das Urteil. Sie betonten ihre Sonderstellung: Anders als private Anbieter ginge ihr Angebot über die Rettungsdienste hinaus. Neben hauptamtlichen Mitarbeitern gehören Ehrenamtliche zu den Diensten, die in den Katastrophenschutz eingebunden sind, bei Zugunglücken oder Überschwemmungen helfen. Die kommunalen Rettungsdienste sind aber ein entscheidender finanzielle Pfeiler: In Solingen umfasste der auf die Dauer von fünf Jahren angelegte Auftrag ein jährliches Volumen von 2,7 Millionen Euro.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).
NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). © Christophe Gateau

Die Stadt Solingen sieht ihr Vorgehen durch die EuGH-Entscheidung bestätigt. „Nun besteht endlich Rechtssicherheit für die Kommunen bei der Ausschreibung solcher Aufträge und wir können die Hilfsorganisationen besonders berücksichtigen“, sagte der städtische Beigeordnete Jan Welzel.

Auch die NRW-Landesregierung sah sich am Donnerstag in ihrer Rechtsauffassung gestärkt. „Der Europäische Gerichtshof bestätigt mit seinem Urteil das in Nordrhein-Westfalen bewährte Gesamtsystem aus Rettungsdienst und Katastrophenschutz“, erklärte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Das ist ein wichtiges Signal an die anerkannten Hilfsorganisationen, die in unserem Land eine gute Arbeit leisten.“ (stew/epd)