Essen. . Senioren müssen oft wochenlang auf einen Pflegeplatz warten. Heimbetreiber fordern einen Ausbau der Plätze – zurzeit werden Betten abgebaut.

In den nordrhein-westfälischen Pflegeheimen spitzt sich die Platznot zu: Ein Bett in einem der über 2800 stationären Alteneinrichtungen zu finden, wird für Pflegebedürftige zunehmend schwierig. Viele der Heime sind nach Auskunft der Betreiber voll belegt. Pflegestellen sagten bis zu zehn Senioren im Monat ab, beklagt die Freie Wohlfahrtspflege. Mehrere Wochen auf ein freies Bett warten zu müssen, sei für Betroffene inzwischen die Regel.

Heimbetreiber berichten von einem eklatanten Engpass. „Unsere Heime sind durchweg voll“, sagte Caritas-Sprecher Markus Lahrmann der unserer Redaktion. Ähnlich äußerte sich die Arbeiterwohlfahrt (Awo) Westliches Westfalen, größter gemeinnütziger Träger von Heimen. „Die Einrichtungen haben die Vollbelegung erreicht“, sagte eine Sprecherin. „Eine Entspannung der Lage ist mittelfristig kaum zu erwarten.“

Eine Landesvorgabe führt zur der Platznot

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Hintergrund der Platznot ist nach Angaben der Träger ausgerechnet eine noch junge Landesvorgabe, mit der Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) die Standards in der Pflege erhöhen wollte. Seit August 2018 müssen 80 Prozent der Pflegeheim-Betten in Einzelzimmern stehen. Weil über 500 Heime das zu dem Zeitpunkt nicht erfüllten, wurden vielerorts aus Doppelzimmern Einzelzimmer gemacht – und somit Betten abgebaut.

Davon sind nach Recherchen unserer Redaktion gemeinnützige wie private und kommunale Betreiber betroffen. Bei der Awo sind seit August 295 Betten in 58 Heimen im westlichen Westfalen abgebaut worden. Die Korian Gruppe, mit 4400 Betten landesweit der größte private Träger, hat in sieben der 53 Einrichtungen Aufnahmestopps auferlegt bekommen, gruppenweit sollen knapp 600 Plätze in NRW wegfallen.

Die Zahl der Pflegebedürftigen wird weiter steigen

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Wilhelm Rohe, Sprecher des Verbands der Ersatzkassen, kritisierte den Abbau: „Eigentlich bräuchte es einen Ausbau der Infrastruktur“, sagte er. Die Zahl der Pflegebedürftigen werde weiter steigen. Das Institut der deutschen Wirtschaft rechnet bis 2035 mit einem Zuwachs von 34 Prozent in NRW – dann wären rund 900.000 Menschen auf Hilfe angewiesen.

Der Bundesverband der privaten Anbieter sozialer Dienste (BPA) forderte vom Land einen Kurswechsel. Schon jetzt fehlten bis zu 5000 Heimplätze. In vielen Städten verschärft die Pflegebedarfsplanung die Situation zusätzlich: Betreiber dürfen oft keine neuen Plätze schaffen.