Düsseldorf. Die Gymnasien in NRW kehren wieder zu G9 zurück, aber das bremst den Ansturm auf die Gesamtschulen nicht. Vielerorts fehlen Gesamtschulplätze.
In diesem Jahr werden in NRW wieder Tausende Kinder abgewiesen, die von ihren Eltern für eine Gesamtschule angemeldet wurden. Eltern und Gewerkschafter sprechen von einer schlimmen Situation mit großen Ungewissheiten für die betroffenen Familien. „Es geht hier nicht darum, ob die Kinder ein wenig länger zur Schule fahren müssen als gewollt. Das Problem ist ein viel Wesentlicheres: Die Kinder haben keine Möglichkeit, die Schulform, die sie sich wünschen, zu besuchen“, sagte Ralf Radke, Vorsitzender der Landeselternschaft der integrierten Schulen, dieser Redaktion. Viele Schulträger hätten die Nachfrage falsch eingeschätzt und Maßnahmen „verschlafen“.
Die Lage ist vielerorts kritisch. In Essen wurden 1226 Kinder an einer Gesamtschule angemeldet, es gibt aber nur rund 1080 Plätze. In Köln wurden fast 800 Kinder abgewiesen, in Gelsenkirchen dürften laut WDR wohl 230 Kinder keinen Platz an einer Gesamtschule finden. Probleme gibt es auch in Duisburg, Mülheim, Herne und anderen Städten des Ruhrgebiets.
"Schaut nicht nur auf die Gymnasien", rät die Gewerkschaft GEW Land und Kommunen
Behrend Heeren, Chef des Verbandes der Gesamtschulen in NRW, fordert einen Ausbau dieser Schulform. Zwar übertreffe die Nachfrage nicht überall die Zahl der Plätze, doch sei der Mangel insgesamt gravierend. „Es gibt immer noch zu wenig Gesamtschulen in NRW“, so Heeren.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) fordert die Landesregierung auf, den Blick nicht mehr vor allem auf die Gymnasien zu richten. „Der Fokus lag zuletzt sehr auf den Gymnasien, dabei müsste er genauso auf den Gesamt- und Sekundarschulen liegen. Wir raten dem Land und den Kommunen, den Willen vieler Eltern ernst zu nehmen und Gesamtschulen neu zu gründen oder bestehende auszubauen“, sagte GEW-Landeschefin Dorothea Schäfer.
Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) sieht die Schulträger in der Pflicht
Dass der Run auf die Gesamtschulen weiter anhält, überrascht auch die GEW. Denn fast alle Gymnasien kehren zu G9 zurück, der Weg zum Abitur dauert also an den Gymnasien und an den Gesamtschulen neun Jahre. „Die Erwartung, dass die Wiedereinführung von G9 an Gymnasien die Nachfrage nach Gesamtschulplätzen spürbar reduziert, hat sich als Mythos erwiesen“, kritisiert auch Eltern-Sprecher Radke.
NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) erkennt „in vielen Teilen NRWs einen Bedarf an zusätzlichen Plätzen“. Die Anmelde- und Aufnahmezahlen müssten immer im Kontext des Gesamtangebots aller Schulformen vor Ort gesehen werden. Gebauer sieht die Kommunen in der Pflicht. „Zuständig für die Schaffung eines bedarfsgerechten Schulangebots ist laut Gesetz der Schulträger, denn keiner kennt die Gegebenheiten vor Ort so gut wie er.“