Düsseldorf. . Die NRW-Regierung ruft nach dem massenhaften Missbrauch von Kindern auf einem Campingplatz in Lügde nach mehr Schutz für Minderjährige.

Nach NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) spricht auch Familienminister Joachim Stamp (FDP) im Fall des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen auf einem Campingplatz bei Lügde von „Behördenversagen“. Diese Straftaten an Kindern müssten nun „vollumfänglich geklärt“ werden, sagte Stamp am Montag im Landtag. Insbesondere solle die Rolle der Jugendämter geklärt werden. Oberste Priorität genieße aber derzeit die Betreuung der sexuell missbrauchten Kinder.

Die NRW-Regierung plant parallel zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ein Paket von Maßnahmen, um den Schutz von Kindern vor Missbrauch zu verbessern.

Forderung: Mindeststrafe ein Jahr statt sechs Monate

Stamp forderte eine Verschärfung des Paragraphen 176: Dass die Mindeststrafe für sexuellen Missbrauch von Kindern derzeit bei sechs Monaten liegt und daher diese Strafe nur als „Vergehen“ gilt, ist laut Stamp ein „falsches Signal“. Er spricht sich hier für eine Mindeststrafe von einem Jahr aus. Dadurch würden sexuelle Handlungen an Kindern in jedem Fall als „Verbrechen“ eingestuft. „Wir müssen klarmachen, dass wir bestimmte Dinge nicht achselzuckend hinnehmen“, sagte Stamp bei der Jahresauftakt-Pressekonferenz der Regierung im Landesparlament.

NRW erwägt Stamp zufolge auch, einen speziellen Landesbeauftragten gegen sexuelle Gewalt an Kindern zu berufen oder eine Kinderschutz-Kommission mit Vertretern von Kommunen, Land und Sachverständigen zu gründen. Für Kinder und Familien in prekären Situationen müsse zudem die Vorbeugung solcher Straftaten verbessert werden.

13.000 Dateien mit Kinderpornografie

Zwei Männer aus Nordrhein-Westfalen im Alter von 56 und 33 Jahren sollen auf dem Campingplatz nahe Niedersachsenüber Jahre hinweg mindestens 29 Kinder im Wechsel missbraucht und gefilmt haben. Ein dritter Mann aus Stade soll Auftraggeber gewesen sein. Sie sitzen in Untersuchungshaft. Die Ermittler müssen nach eigenen Angaben rund 13.000 Dateien mit Kinderpornografie auswerten.

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Am Dienstag wird auch der Landrat des Kreises Hameln-Pyrmont, Tjark Bartels (SPD) zu dem Fall Stellung nehmen. Dabei geht es um ein Mädchen, das sich in der Obhut des heutigen Hauptverdächtigen befand. Die Mutter des Kindes wohnt nach Behördenangaben im Kreis Hameln-Pyrmont.

Durch eine Entscheidung des dortigen Jugendamtes habe das Kind bei dem 56-Jährigen auf dem Campingplatz gelebt, erklärte das Jugendamt des Kreises Lippe in der vergangenen Woche. Sie sollen verwandt sein. Bereits Ende 2016 soll der Verdacht der Verwahrlosung des Kindes anzeigt worden sein. Das Jugendamt des Kreises Lippe hatte daraufhin nach eigener Darstellung umgehend die Situation vor Ort geprüft. (mit dpa)