Düsseldorf. . Das gemäßigte und das völkisch-nationalistische Lager in der AfD und der Fraktion im Landtag suchen eine Entscheidung im Machtkampf.
Die Spaltung der NRW-AfD in zwei verfeindete Lager vertieft sich. 15 Monate nach dem Rückzug des früheren AfD-Landesvorsitzenden Marcus Pretzell und zwei weiterer Abgeordneter aus Partei und Landtagsfraktion, geht erneut ein tiefer Riss durch die AfD im Landtag. Zwei extrem rechte Abgeordnete – Christian Blex und Thomas Röckemann – stehen innerhalb der Fraktion inzwischen im Abseits. Selbst ein Rauswurf scheint nicht ausgeschlossen.
Innerhalb der rechtspopulistischen Partei tobt ein Kampf um die Macht, auch in Nordrhein-Westfalen. Zwei Lager stehen sich gegenüber. EU- und migrantenfeindlich sind beide, eines der Lager sieht sich selbst aber als „bürgerlich“ und „konservativ“, das andere ist völkisch-nationalistisch und dem umstrittenen Thüringer AfD-Politiker Björn Höcke zugeneigt.
Im Zentrum des Richtungskampfes in NRW stehen die beiden AfD-Landesvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Helmut Seifen und Thomas Röckemann, die ihren Streit längst öffentlich austragen. Als Anfang November der Ultrarechte Björn Höcke in Bottrop auftrat, kritisierte Seifen dafür seinen Mit-Vorsitzenden Röckemann, der sich auf die Veranstaltung in Bottrop „freute“, und warnte vor dem völkischen „Flügel“ in der AfD.
Einen Monat später machte der „Stern“ einen Whatsapp-Chat von AfD-Politikern aus NRW öffentlich, in dem Seifen Röckemann vorwirft, ihn daran zu hindern, „kleine AfD-Nazis abzumahnen und sie aus der Partei heraus zu komplimentieren“. Röckemann keilte sofort nach dem Bekanntwerden des Chats zurück, nannte die Vorwürfe gegen ihn „ehrabschneidend“ und „parteischädigend“ und forderte Seifen zum Rücktritt auf.
Landtagsfraktion ist auf 13 Köpfe geschrumpft
Die Lagerkämpfe eskalieren, auch in der von 16 auf 13 Köpfe geschrumpften Landtagsfraktion. Neben Röckemann fällt hier ein weiterer Rechtsausleger auf: Christian Blex. Nach einer rassistischen Mitteilung auf dem Kurznachrichtendienst Twitter zur „Mister Schleswig-Holstein-Wahl“ ging die Fraktion per Pressemitteilung auf Distanz zu ihm. Blex hatte einen Lübecker Koch per Tweet herabgewürdigt: „Ich gratuliere Herrn Ouattara zum Titel Mr. Schleswig-Holstein und werde gleich mal googeln, ob es schon zu spät für die Anmeldung zum diesjährigen Mr.-Ghana-Wettbewerb ist.“ Eine spätere Entschuldigung bezeichnete die Fraktion als „völlig unzureichend“.
Es gibt offenbar Mitglieder der Landtagsfraktion, die Röckemann und Blex lieber heute als morgen loswerden würden. Und weil mit deren Austritt kaum zu rechnen ist, macht sogar intern das Wort „Fraktionsausschluss“ die Runde. Allein die Angst, eines Tages womöglich den Fraktionsstatus zu verlieren, hält die Gegner von Blex und Röckemann derzeit von diesem Schritt ab, heißt es. Ohne diese beiden hätte die Fraktion im NRW-Landtag nur noch elf Mitglieder, und die Grenze für den Fraktionsstatus liegt bei zehn Abgeordneten.
Sollten noch weitere Austritte oder Ausschlüsse folgen, wäre die AfD, die im Parlament keine Kontakte zu den anderen Parteien hat, ins Abseits geschoben. Ohne Fraktionsstatus stünden Sitze in Fachausschüssen und finanzielle Zulagen auf dem Spiel. Der Status einer „Gruppe“ mit verminderten Rechten würde nicht automatisch folgen. Darüber müsste der Landtagspräsident entscheiden.
AfD sieht sich vor „Weichenstellung“
Ähnlich wie in der Fraktion gehen auch in der NRW-AfD die beiden Lager aufeinander los. „Spalter“ ist eine weit verbreitete Vokabel. Die Auseinandersetzung sei „sehr ernst“, sagt Seifen. Man stehe vor einer „Weichenstellung“. 2018 ist die Partei weiter gewachsen auf rund 5300 Mitglieder. Das sind etwa 1000 mehr als im Jahr davor.
Welches Lager sich am Ende durchsetzt, ist ungewiss, zumal die Gruppe der Mitglieder, die sich keinem der Lager zugehörig fühlen, groß sein soll. Aber der völkische „Flügel“ sieht sich im Vorteil und dringt schon auf einen Sonder-Landesparteitag, weit vor dem regulären Termin im Januar 2020. Auch die „Gemäßigten“ rechnen mit einem schnellen Showdown im Richtungsstreit. „Es wird bald zu einer Entscheidung kommen: so oder so“, sagt Seifen voraus.