Bochum. . Viele Ärzte fühlen sich einer Studie zufolge völlig überlastet – sie zeigen Anzeichen eines Burnouts. Experten sehen das Patientenwohl gefährdet.
Immer mehr Ärzte arbeiten am Limit. Und der Druck nimmt nicht ab, sondern zu: Das Ergebnis seiner jüngsten Umfrage zu den Arbeitsbedingungen in deutschen Kliniken nennt der Marburger Bund alarmierend. „70 Prozent aller Ärzte klagen über Überlastung“, erklärt Michael Helmkamp, Sprecher des Berufsverbands in NRW/Rheinland-Pfalz, der rund 31.000 Ärzte vertritt.
Der europaweiten „Banerjee- Studie“ zufolge zeigen 84,2 Prozent der deutschen Onkologen (Krebsspezialisten) unter 40 mindestens zeitweise Anzeichen eines Burnouts: emotionale Erschöpfung etwa oder „Entpersonalisierung“. Das gefährde nicht nur die berufliche und private Zufriedenheit der Betroffenen, sondern auch die Qualität der Patientenversorgung, so Curd-David Badrakhan, Oberarzt der Klinik für Hämatologie, internistische Onkologie und Palliativmedizin in der Bochumer Augusta-Klinik. Er initiierte daher eine „Intervisionsrunde“, eine Art kollegialer Selbsthilfegruppe. Sie soll entlasten, bevor es zu spät ist.
„Der Job gleicht inzwischen Fließbandarbeit“
Klinikärzte arbeiten nachts, an Feiertagen und Wochenenden, im Durchschnitt 51,4 Stunden pro Woche; jeder fünfte 60 bis 80 Stunden. Auch das ist ein Ergebnis der repräsentativen Umfrage des Marburger Bundes. Medizinern leiden demnach vor allem unter wachsender Bürokratie und mangelnder Wertschätzung. Sein Job gleiche inzwischen „Fließbandarbeit“, schrieb ein Arzt, der keiner mehr sein wollte. „Dieser kontinuierliche Stress ist aber nur Grundrauschen in unserem Beruf“, so Anna Zdebik, Fachärztin für Innere Medizin im Bochumer „Augusta“. „All die emotional belastenden Situationen türmen sich oben drauf.“
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Das Problem sei inzwischen zwar erkannt, meint Michael Helmkamp, das Genfer Gelöbnis (die moderne Version des hippokratischen Eids) jüngst entsprechend geändert worden. Die Neufassung enthält nun einen Passus, der Ärzten aufträgt, auch auf die eigene Gesundheit zu achten. Angesichts der Alterspyramide werde sich das Problem aber verschärfen, fürchtet Helmkamp. Immer mehr Mediziner („auch Männer!“) wollten nur Teilzeit arbeiten. „Wir rechnen längst mit zwei Ärzten für eine Stelle.“ Und schon heute seien 2500 Arztstellen in den Kliniken im Land unbesetzt. „Tendenz steigend. Es rücken viel zu wenige nach.“ Die neu geschaffenen Studienplätze in Ostwestfalen und Witten/Herdecke „helfen frühestens in zwölf Jahren“.