Düsseldorf/Kleve. . Der Syrer Amad A. verbrannte im Klever Gefängnis. Jetzt wurde bekannt: Ein Justizbediensteter hatte einen Notruf des Syrers offenbar weggedrückt.
Im Fall des zu Unrecht inhaftierten Syrers Amad A., der nach einem Zellenbrand in der Justizvollzugsanstalt Kleve verstarb, ist ein möglicher Hilferuf offenbar aktiv weggedrückt worden.
Wie Landesjustizminister Peter Biesenbach (CDU) am Montag in einem 60-seitigen Bericht für den nordrhein-westfälischen Landtag ausführte, hat ein JVA-Bediensteter am 17. September gegen 19.19 Uhr über die Haftraum-Kommunikationsanlage einen sogenannten Lichtruf aus der Zelle von Amad A. angenommen, aber nach neun Sekunden gleich wieder beendet. Der Bedienstete soll gerade damit beschäftigt gewesen sein, das Telefonat eines anderen Gefangenen zu überwachen. „Da der Gefangene sich nicht weiter bemerkbar gemacht habe, sei der Ruf danach quittiert (beendet) worden“, heißt es in dem Bericht.
Opposition fordert Rücktritt des Justizministers
Auch interessant
Zu diesem Zeitpunkt brannte der Haftraum von Amad A. bereits seit 15 Minuten. Der Feueralarm wurde erst vier Minuten später ausgelöst. Amad A. taumelte da den JVA-Bediensteten mit Verbrennung von 40 Prozent seiner Haut entgegen und verstarb Tage später in der Bochumer Spezialklinik Bergmannsheil.
Der Fall setzt Justizminister Biesenbach, der am Montag vor Journalisten um Fassung rang, seit Wochen zu. Dass es überhaupt einen Ruf von Amad A. über die Haftraum-Kommunikationsanlage gegeben hatte, konnte erst mit Hilfe eines externen IT-Dienstleisters rekonstruiert werden. Biesenbach hatte zunächst unter Berufung auf die JVA das Gegenteil behauptet. Die Opposition fordert den Rücktritt des Justizministers und droht mit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.
Staatsanwaltschaft geht von suizidaler Absicht aus
Die Staatsanwaltschaft Kleve geht nach Einschaltung eines Brandsachverständigen davon aus, dass der Syrer das Feuer vorsätzlich in suizidaler Absicht gelegt hat. Brandbeschleuniger kamen demnach nicht zum Einsatz. „Da war keine Fremdeinwirkung“, sagte Biesenbach zu Spekulationen, Amad A. sei möglicherweise Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. Möglicherweise hat ein normaler menschlicher Fluchtreflex dazu geführt, dass der lebensmüde Häftling angesichts von Schmerzen und großer Hitzeentwicklung doch noch um Hilfe rufen wollte.
Der anerkannte Flüchtling Amad A. war Anfang Juli in Geldern wegen angeblicher sexueller Belästigung festgenommen worden.
Die Polizei hielt den Araber zunächst für einen gesuchten Vergewaltiger, dann für einen Kleinkriminellen aus Afrika, nach dem die Staatsanwaltschaft Hamburg fahndete. Die Verwechselung fiel über Wochen nicht auf, obwohl die Anstaltspsychologin Hinweise darauf erhalten hatte. Auch zur Suizidgefahr und Haftfähigkeit von Amad A. gab es widersprüchliche Einschätzungen.