Berlin. Union und Gewerkschaften fordern neue Finanzhilfen, der Steuerzahlerbund pocht auf die Schuldenbremse. Was macht jetzt die Ampel?
Reicht das Staatsgeld für weitere Entlastungen? An diesem Mittwoch wollen die Spitzen der Ampelkoalition über mögliche Schritte gegen die aktuellen Preissteigerungen beraten. Während von Grünen und SPD bereits etliche Entlastungsvorschläge auf dem Tisch liegen, pocht die FDP darauf, spätestens im kommenden Jahr wieder zur Schuldenbremse zurückzukehren.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte im Vorfeld des Koalitionstreffens weitere finanzielle Entlastungen: Angesichts steigender Preise und der Unsicherheiten bei der Gasversorgung sei ein weiteres Entlastungspaket dringend nötig, sagte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi unserer Redaktion. „In einer solchen Zeit der Krisen kann es nicht allein der Lohnpolitik aufgebürdet werden, Kaufkraftverluste zu verhindern und soziale Härten abzufedern.“
Zugleich ist aus Fahimis Sicht „ein laufender, monatlicher Zuschlag zu den Hartz-IV-Regelsätzen notwendig“. Dies sei eine schnell wirksame Sofortmaßnahme für Geringverdiener und sei „sozialpolitisch dringend geboten, damit Armutslagen nicht verschärft werden“.
Energiekosten: DGB fordert Preisdeckel für Strom und Gas
Die DGB-Vorsitzende sprach sich ferner für einen Preisdeckel für den Grundbedarf an Strom und Gas aus. Dadurch könnten alle Privathaushalte schnell entlastet werden. Zudem sei es ein Anreiz zum Energiesparen, „denn wer über diesen Grundbedarf hinaus verbraucht, zahlt dann umso mehr“. Daneben müsse „über eine Neuauflage der Energiepreispauschale“ nachgedacht werden, damit auch Rentnerinnen und Rentner sowie Studierende eine entsprechende Unterstützung bekämen.
Kritik äußerte Fahimi an der aktuellen Steuerpolitik von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). „Ein öffentlicher Sparkurs, wie ihn Bundesfinanzminister Lindner jetzt fordert, halten wir für grundfalsch. Die Schuldenbremse muss weiter ausgesetzt bleiben.“
Staatsschulden: Steuerzahlerbund mahnt Ampel-Koalition
Der Bund der Steuerzahler und der Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) sehen das grundsätzlich anders: „Die Schuldenbremse ist kein beliebiges politisches Symbol, sondern Ausdruck eines fairen Miteinanders der Generationen und einer tragfähigen Haushaltspolitik“, sagte Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler, dieser Redaktion.
„So ist die Einhaltung der Regel-Schuldenbremse für die Ampel-Koalition ab 2023 ein Muss“, betonte Holznagel. Auch der Mittelstand positioniert sich klar gegen ein weiteres Aussetzen der Schuldenbremse. „Solide Staatsfinanzen und die Einhaltung der Schuldenbremse sind unverzichtbar, um auch künftige Krisen meistern zu können“, sagte BVMW-Chefvolkswirt Hans-Jürgen Völz. Neue Schulden würden in „unverantwortlicher Weise“ zukünftige Generationen belasten.
Unionsvize Spahn fordert zielgerichtete Entlastungen
Die Union forderte die Ampel-Parteien zu stärker zielgerichteten Entlastungen der Menschen auf. „Die Maßnahmen der Ampel gehen am Bedürfnis von Bürgern und Unternehmen vorbei. Es braucht nachhaltige und gezielte Entlastungen, wo die Preise am höchsten sind“, sagte der Vize-Fraktionschef der Union, Jens Spahn, unserer Redaktion.
Der CDU-Politiker schlug unter anderem Energiegutscheine vor, die „Energiesparen und Geldsparen verbinden“. Zudem plädierte Spahn für eine Absenkung der Stromsteuer und forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, sein Wahlkampfversprechen zu einem „Industriestrompreises von 4 Cent“ umzusetzen. „Das sollte er endlich einlösen und Unternehmen entlasten, damit Produkte nicht noch teurer werden“, sagte Spahn.
Auch der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, Axel Knoerig (CDU), verlangte, weitere Hilfen passgenauer auszugestalten. „Jedes weitere Entlastungspaket der Bundesregierung muss der Leitlinie folgen: Gezielte Hilfen für diejenigen, die sie benötigen.“ Der Tankrabatt und das 9-Euro-Ticket etwa seien „nicht zielführend“. Bei den Pendlern komme vom Tankrabatt nichts an.
Knoerig forderte zudem mehr Preistransparenz an den Tankstellen, „damit die Bürger informiert sind und auch das Kartellamt wirksam eingreifen kann“. Als alternative Lösung sprach sich Knoerig für ein „einkommensunabhängiges Entfernungsgeld“ aus. Die Energiepauschale der Ampel müssten zudem auch Rentner, Studierende sowie „Bezieher von Lohnersatzleistungen wie junge Eltern“ erhalten.