Düsseldorf/Essen. Zum Teil mit Feldbetten und Containern bereiten sich Städte an Rhein und Ruhr auf den immer stärkeren Zuzug von Flüchtlingen vor. Die Aufnahmeeinrichtungen sind vielerorts schon längst belegt. Dortmund warnt vor einem „kollabierenden System“. Innenminister Ralf Jäger (SPD) nannte diese Kritik gestern „unsäglich“.

Im Streit um stark steigende Flüchtlingszahlen in NRW hat Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) Dortmunds Ordnungsdezernentin Diane Jägers (CDU) attackiert. Es sei „unsäglich“, dass eine politische Beamtin den Eindruck vermittle, das System der Flüchtlings-Erstaufnahme in NRW kollabiere, schimpfte Jäger am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags.

Der Innenminister warnte vor einer „Das Boot ist voll“-Stimmung wie zu Beginn der 90er-Jahre. Angesichts der dramatischen Krisenherde in der Welt sei es nicht verwunderlich, dass mehr Menschen in Deutschland Schutz suchten.

Die Dortmunder Dezernentin Jägers hatte beschrieben, dass die Flüchtlings-Erstaufnahme in Dortmund-Hacheney dem neuen Ansturm an Asylsuchenden nicht mehr gewachsen sei. Jäger widersprach: „Das System kollabiert nicht.“ Man sei dabei, eine logistische Lösung für eine menschenwürdige Unterbringung der Flüchtlinge zu finden.

„Wir werden das hinkriegen“

Allein im August nahm NRW 3500 Erstantragsteller auf – fast doppelt so viele wie im Vorjahresmonat. In diesem Jahr hat NRW bereits 22.500 Flüchtlinge aufgenommen. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2012 waren es noch 15.000. Die Aufnahmestellen des Landes sind entsprechend überbelegt. Bis November soll die Zahl der Erstaufnahmeplätze von derzeit 4800 auf 6800 erhöht werden. „Wir werden das hinkriegen“, sagte Jäger.

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Der Deutsche Städtetag kritisierte am Donnerstag, dass NRW einigen Kommunen nur 20 Prozent der Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge erstatte. In Bayern sei die Kostenerstattung „deutlich höher“. Das bayerische Sozialministerium bestätigte dies auf Nachfrage dieser Redaktion.

„Soweit die Asylbewerber im Rahmen der dezentralen Unterbringung von den Regierungen an die Kommunen weiterverwiesen werden, werden die Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber den Kommunen in Bayern – im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern – vom Freistaat komplett erstattet.“

Die hessische Landesregierung kündigte an, den dortigen Kommunen mehr Geld für die Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen zu zahlen. Die Pauschale für Asylbewerber werde Anfang 2015 um 15 Prozent erhöht, sagte Sozialminister Stefan Grüttner (CDU).

Städte stellen Container auf oder renovieren alte Häuser

Mit unterschiedlichen Strategien reagieren die Städte in NRW auf die neue Herausforderung.

In Bochum leben derzeit rund 1200 Flüchtlinge, 620 sind in diesem Jahr angekommen. Im Stadtteil Querenburg wurden vier Häuser für Flüchtlinge hergerichtet, außerdem im Norden der Stadt ein Mehrfamilienhaus für 90 Personen von einer Immobilienfirma angemietet. Die Stadtverwaltung sucht verzweifelt weitere Unterkünfte. Seit Mittwoch sind außerdem 134 Flüchtlinge in einem Ersatzauffanglager untergebracht – in einer ehemaligen Förderschule mit einer Kapazität von 140 Plätzen.

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Oberhausen hat zwei neue Wohncontainer für jeweils bis zu acht Personen in der städtischen Unterkunft in Sterkrade aufgestellt. Weitere Container im Stadtteil Holten sollen folgen. Außerdem wird ein ehemaliges Frauenhaus für die Flüchtlinge umgebaut. Ziel ist es aber auch in Oberhausen, so viele Menschen wie möglich in privaten Wohnungen unterzubringen. Im Schnitt gelingt das zwei- bis dreimal im Monat.

In Bottrop soll bis zum Jahresende eine alte Schule zu einem Übergangsheim für Asylbewerber umgebaut werden. Es werde immer schwerer, die Menschen in normale Wohnungen zu vermitteln.

Dinslaken lässt mehrere Gebäude in der Asylbewerberunterkunft An der Fliehburg herrichten, um mehr Menschen aufnehmen zu können. Der Rat in Sundern hat entschieden, eine leerstehende Förderschule umzubauen. Witten rechnet ab 2015 mit 170 zusätzlichen Flüchtlingen. Derzeit sind es 539. Weil die Stadt keine Unterkünfte mehr findet, plant sie ein Containerdorf.