Berlin/München. Der Plan der Europäischen Union, US-Terrorfahndern den Zugang zu Bankdaten zu gewähren, wird in der Bundesregierung heftig diskutiert. Vor allem aus Gründen des Datenschutzes. Die aktuelle Debatte lässt den Streit zwischen CDU und CSU über die Europapolitik erneut aufkeimen.

Im Streit um die Weitergabe von Bankdaten aus der Europäischen Union (EU) an die USA besteht Deutschland auf Einhaltung des Datenschutzes. Mit Blick auf Beratungen der EU-Außenminister zu dem Thema versicherte Außenamtssprecher Jens Plötner am Montag in Berlin, Deutschland werde kein Verhandlungsergebnis akzeptieren, das den datenschutzrechtlichen Bestimmungen nicht genüge.

CSU fordert "klares Stoppschild"

Die EU-Kommission will US-Terrorfahndern den Zugang zu den Bankdaten europäischer Kunden gewähren. Das Vorhaben wird in Deutschland auch aus Datenschutzgründen heftig kritisiert. Die Kritik richtet sich insbesondere gegen EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. Seit 2001 greifen US-Terrorfahnder auf Bankdaten des Finanzdienstleisters SWIFT zu. Ein Vorschlag der EU-Kommission sieht vor, dass die USA auch dann noch Zugriff auf die Daten haben sollen, wenn dessen Hauptserver aus den USA nach Europa verlagert wird.

Die CSU-Spitze wirft dem Außenministerium Fehler vor. CSU-Chef Horst Seehofer sagte, hier müsse es ein «klares Stoppschild» geben. Er kritisierte mit Blick auf die Europäische Kommission, es wäre ein «absolutes Unding» und ein «Skandal», wenn solch ein tiefer Eingriff wie die Weitergabe von Bankdaten europäischer Kunden an die USA ohne eine Parlamentsbefassung stattfinden sollte.

Stellungnahme des Bundestags gefordert

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sagte, es sei ein Fehler von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), dass die EU-Kommission am Montag ein Verhandlungsmandat für den Abschluss eines Zwischenabkommens erhalten habe, mit dem US-Geheimdienste ermächtigt würden, auf Bankdaten von SWIFT zuzugreifen. Solche Befugnisse seien datenschutzrechtlich bedenklich und aus Gründen der Terrorbekämpfung nicht notwendig.

Der Innenminister Bayerns betonte, er halte es für unzumutbar, dass so eine gravierende Entscheidung über Eingriffe in die Privatsphäre ohne Parlamentsbeteiligung über die Bühne gehen solle. Er fügte hinzu: »Dies ist der typische Fall, wo ich eine Stellungnahme des Bundestags und des Bundesrats zu einer EU-Entscheidung für zwingend notwendig erachte."

Datenschutz müsse sichergestellt sein

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach mahnte: «Es muss sichergestellt sein, dass der Datenschutz berücksichtigt ist und die Daten unbescholtener Personen umgehend gelöscht werden.» Außerdem solle die EU Rechenschaft einfordern, welche Erkenntnisse durch diese Überwachungsmöglichkeit bisher schon gewonnen worden seien.

CSU-Chef Horst Seehofer schloss am Montag eine Sondersitzung des Vorstands oder des Präsidiums seiner Partei in der Sommerpause nicht aus, falls es keine Einigung zwischen den Schwesterparteien über die künftigen Mitwirkungsrechte von Bundestag und Bundesrat an EU-Entscheidungen gibt. Dann wolle er für sein weiteres Vorgehen «Rückendeckung der zuständigen Gremien».

Gespräche zwischen CDU und CSU

Seehofer betonte zugleich, im Moment gebe es kein «Indiz» für eine solche Entwicklung. Der Berliner CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer habe ihm vielmehr berichtet, dass die Gespräche mit der CDU «vernünftig laufen». Er hoffe, dass dies «bis zum Ende so bleibt».

Nach Angaben des Bundesbeauftragten für den Datenschutz, Peter Schaar, wird die US-Regierung neben Auslandsüberweisungen auch Zugriff auf Transaktionen innerhalb Deutschlands erlangen. Er forderte die Einbeziehung des Europäischen Parlaments sowie des Bundestags. Niemand wisse, um welche Datenmengen es sich bei dem Thema handele. Zudem sei es bereits jetzt in Einzelfällen möglich, auf Bankdaten zuzugreifen und diese an die USA zu übermitteln.

Vorwürfe an die Bundesregierung

Der EU-Experte der Linken, Alexander Ulrich, betonte: «Die Bundesregierung hätte sich laut Bundesverfassungsgericht dem Zugriff der USA auf europäische Bankdaten widersetzen müssen.» Auch Ulrich rügte, nicht einmal das EU-Parlament sei mit der Angelegenheit befasst gewesen und wertete dies als «Lehrstück für die verfassungswidrige EU-Architektur».

Der FDP-Innenexperte Max Stadler rügte, die Bundesregierung habe es «versäumt, mit dem Bundestag ein Einvernehmen über die Verhandlungsziele herzustellen». Dass die Bundesregierung diesem Thema nicht genügend Bedeutung beimesse, sei auch daran zu erkennen, dass Steinmeier nicht persönlich an den Verhandlungen teilnehme. (ddp)