Washington. . Im Kampf gegen die Terror-Miliz “Islamischer Staat“ (IS) hat US-Präsident Obama den Einsatz von Bodentruppen ausgeschlossen - doch das könnte sich ändern. US-Generalstabschef Dempsey jedenfalls will die erneute Entsendung von Kampftruppen empfehlen, wenn die eingeschlagene Strategie nicht aufgeht.

Der von Präsident Obama ausgeschlossene Einsatz von US-Bodentruppen gegen das Terrornetzwerk „Islamischer Staat“ (IS) im Irak und in Syrien scheint nicht in Stein gemeißelt zu sein. Bei der ersten Anhörung im Kongress zur Ausweitung der Militär-Aktionen gegen die Radikal-Islamisten sagte Generalstabschef Martin Dempsey am Dienstag, der Präsident habe ihn aufgefordert, „je nach Entwicklung der Lage“ mit Empfehlungen aufzuwarten. Darunter könne auch der Vorschlag sein, „boots on the ground“ (Soldaten am Boden) zu verlegen.

Ohne ins Detail zu gehen, bestätigte Dempsey damit einen Meinungsstrom, der in Washingtoner Sicherheitskreisen seit Tagen breiter wird: Wenn die eingeschlagene Strategie nicht aufgeht, den Feind aus der Luft so zu schwächen, dass arabisch-muslimische Kampftruppen aus dem Irak und dem Bürgerkriegsland Syrien IS am Ende militärisch den Todesstoß versetzen können, müsse Amerika zu robusteren Mitteln greifen.

Bis zu 25.000 Soldaten?

Zwei prominente Vertreter dieser Denkschule sind Frederick und Kimberly Kagan, Militär-Historiker, und renommierte Analysten. Das Paar hatte 2007 den damaligen Chefarchitekten des Umschwungs im Irak, General David Petraeus, beraten. Ihr aktuelles, 30-seitiges Papier zur Bekämpfung der Radikal-Islamisten der IS geht von 25.000 US-Soldaten am Boden aus, die als Unterstützung für jene Spezialeinsatzkommandos unabdingbar seien, mit deren Hilfe die IS-Hochburgen in Syrien wie im Irak eingenommen werden sollen.

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Analog zu republikanischen Kongress-Abgeordneten charakterisieren die Kagans Obamas Einschätzung, dass es sich beim IS um eine „reine Terrorgruppe“ handele, als „fundamentalen Irrtum“. Das militärisch versierte Netzwerk kontrolliere ein Gebiet so groß wie Großbritannien, treibe Steuern ein und erziele jeden Tag mehrere Millionen Dollar Einnahmen durch Ölverkäufe. Mehr noch: IS sei erfolgreich bei der Erzeugung einer „Erzählung des Erfolgs“, die furchtsame Menschen in der Region dazu bringe, das Netzwerk zu tolerieren und nebenbei wie eine Energiezufuhr für den globalen Dschihadismus funktioniere.

"Systematische Luftangriffe" sollen ausgeweitet werden

Bei der Befragung durch die im Dauer-Streit liegenden Demokraten und Republikaner im Ausschuss wurde deutlich, wie viele Unwägbarkeiten vor dem Einsatz liegen. Ein Beispiel: Wie lange wird es dauern, bis die USA in Syrien eine Kampftruppe aufgebaut haben, die dort gegen den IS vorgeht, ohne dabei die Machtposition von Diktator Assad zu festigen? Martin Dempsey geht von bis zu einem Jahr aus. Für ihn sind die wichtigsten Stolpersteine: wenn die neue Regierung in Bagdad die religiösen Gruppen im Land erneut gegeneinander hetzt; oder wenn dem aus über 30 Staaten bestehenden Bündnis, das dem „Islamischen Staat“ den Kampf angesagt hat, „frühzeitig die Luft ausgeht“.

Dempsey und Verteidigungsminister Chuck Hagel kündigten eine Ausweitung der „systematischen Luftangriffe“ gegen IS an. Bislang konzentrierten sich die Aktionen auf den Nord-Irak. Über 160 Mal seien dort IS-Stellungen, Panzer und Kämpfer „erfolgreich“ bombardiert worden. Zu Wochenbeginn warfen US-Kampfjäger erstmals in der Nähe der Hauptstadt Bagdad Sprengkörper ab.