Moskau. Im Gegensatz zu Kremlchef Putin gilt der russische Ministerpräsident Medwedew als leidenschaftlicher Internet-Nutzer. Er kommuniziert viel über soziale Netzwerke und wurde nun Opfer eines Hackerangriffs - womöglich von Regierungsgegnern, womöglich von digitalen Heckenschützen des Geheimdienstes.
Hacker haben im Kurznachrichtendienst Twitter den Zugang des russischen Regierungschefs Dmitri Medwedew (48) geknackt und falsche Nachrichten abgesetzt. "Ich trete zurück", hieß es da kurzzeitig. "Ich schäme mich für die Handlungen der Regierung. Verzeihung."
Die am Donnerstag veröffentlichten Nachrichten stammten nicht von dem Ministerpräsidenten und seien unzutreffend, teilte die Regierung in Moskau mit. Die kremlkritischen Inhalte wurden schnell entfernt.
Vorfall könnte für weitere Zensurmaßnahmen genutzt werden
Dem früheren russischen Präsidenten Medwedew folgen bei Twitter zweieinhalb Millionen Menschen. Unklar war zunächst, wer hinter dem Angriff stand. Es laufe eine Suche nach den Hackern, teilte Medwedews Pressestelle mit. Medwedew ist anders als Kremlchef Wladimir Putin ein leidenschaftlicher Nutzer von sozialen Netzwerken im Internet.
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Putin-Sprecher Dmitri Peskow sagte, der Fall zeige, dass die Informationssicherheit gewährleistet werden müsse. Kommentatoren befürchten, dass solch ein Hacker-Angriff auch genutzt werden könnte, um die Freiheit im Internet in Russland weiter einzuschränken. Im größten Land der Erde sind mehrere regierungskritische Webseiten gesperrt.
Möglicherweise Geheimdienste am Werk
Verantwortlich sein könnten für den Hacker-Angriff die Gründer des seit Ende Juli gesperrten Portals Shaltay Boltay, wie der Radiosender Echo Moskwy berichtete. Die anonymen Regierungskritiker hatten auf der Enthüllungsplattform kompromittierendes Material über Staatsfunktionäre veröffentlicht.
Medien berichteten auch, dass ebenso russische Geheimdienste den Account geknackt haben könnten, um Medwedew bloßzustellen. In der Vergangenheit hatte es wiederholt Spekulationen um einen möglichen Rücktritt des Regierungschefs gegeben. Ultrakonservative werfen Medwedew eine zu liberale Haltung vor.
Fies-witzige Botschaften
Zu lesen war in Medwedews Twitter-Blog auf Russisch kurzzeitig unter anderem: "Ich wollte schon immer sagen. Wowa! Du hast nicht Recht!" Wowa ist die Kurzform des russischen Vornamens Wladimir. Oft wird Kremlchef Wladimir Putin im Volksmund Wowa genannt.
Die Hacker schrieben zudem: "Die russischen Bürger sollten nicht leiden müssen, nur weil die Führung des Landes Probleme mit dem gesunden Menschenverstand hat." In anderen Einträgen stand, dass Medwedew "freier Fotograf" werden wolle, ein Anhänger des Kremlkritikers Alexej Nawalny sei und dass die im März annektierte Schwarzmeerhalbinsel Krim nicht zu Russland gehöre. (dpa)