Gaza/Tel Aviv. Bis in letzter Minute dauern in Kairo die intensiven Bemühungen an, eine Fortsetzung des blutigen Gaza-Kriegs zu verhindern. Doch schon vor Ablauf einer Feuerpause fliegt wieder eine Rakete aus Gaza nach Israel.

Militante Palästinenser haben Israel am Mittwochabend erstmals seit drei Tagen wieder mit mindestens einer Rakete angegriffen. Polizei und Armee bestätigten den Angriff, der gut zwei Stunden vor Ende einer vereinbarten 72-stündigen Waffenruhe erfolgte. Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas betonte jedoch, sie sei nicht für den Angriff verantwortlich.

Nach Angaben der palästinensischen Delegation haben sich die Verhandlungspartner auf eine fünftägige Waffenruhe im Gaza-Konflikt geeinigt. Das sagte Delegationsleiter Assam al-Ahmed am Mittwoch bei einer Pressekonferenz in Kairo. Eine Bestätigung der israelischen Regierung lag zunächst nicht vor.

Nach Medienberichten hatte es zuvor intensive Bemühungen der Ägypter gegeben, die Palästinenser zu einer Verlängerung der Feuerpause zu überreden, um den Verhandlungen noch eine Chance zu geben.

Hamas will sich nicht erpressen lassen

Ismail Hanija, Führer der Hamas, sagte, eine dauerhafte Waffenruhe könne nur erzielt werden, wenn die Blockade des Palästinensergebiets aufgehoben werde. "Die Opfer unseres Volkes erlauben es uns nicht, über diese Forderung zu verhandeln", teilte Hanija mit. Man werde sich bei den Verhandlungen nicht erpressen lassen.

Israel hatte seine Offensive im Gazastreifen am 8. Juli als Reaktion auf fortwährenden Raketenbeschuss seiner Grenzorte begonnen. Vor gut einer Woche zog es seine Bodentruppen wieder ab, setzte seine Luftangriffe aber fort, mit Unterbrechungen während zweier Feuerpausen.

1950 Tote, 10.000 Verletzte Palästinenser

Seit Beginn der Offensive starben nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums mehr als 1950 Menschen und mehr als 10.000 wurden verletzt. Auf israelischer Seite wurden 64 Soldaten und drei Zivilisten getötet. Mehrere hundert Menschen erlitten Verletzungen.

Die Hamas fordert als Bedingung für ein Ende der Raketenangriffe eine Aufhebung der Blockade des Gazastreifens durch Israel und Ägypten. Weitere Forderungen sind der Bau eines See- und Flughafens sowie die Freilassung von Häftlingen. Israel will eine Entmilitarisierung der Enklave.

Israel verlegt Truppen an die Grenze

Schon im Verlauf des Tages hatte Israel in Erwartung einer möglichen neuen Eskalation der Gewalt zusätzliche Truppen an die Grenze zum Gazastreifen verlegt. Israelische Medien berichteten, es seien auch weitere Reservisten mobilisiert worden.

Bei der Explosion eines israelischen Blindgängers im Gazastreifen wurden am Mittwoch sechs Menschen getötet, darunter zwei Journalisten. Das Außenministerium in Rom bestätigte den Tod des 35-jährigen italienischen Journalisten Simone Camilli, der für die Nachrichtenagentur AP arbeitete. Er war der erste ausländische Journalist, der im Gaza-Krieg getötet wurde.

Kluft bei Verhandlungen ist "immer noch groß"

Die anderen Opfer waren ein palästinensischer Journalist sowie vier Bombenentschärfer, wie das Gesundheitsministerium in Gaza mitteilte. Sechs weitere Menschen seien verletzt worden. Sprengstoffexperten wollten das Geschoss aus einem dicht bewohnten Viertel in offenes Gelände transportieren, um es dort kontrolliert zu sprengen. Dann explodierte es plötzlich.

Kais Abdul Karim, Mitglied der palästinensischen Delegation in Kairo, sagte, die Kluft bei den indirekten Gesprächen mit Israel sei immer noch groß. Ohne echte Fortschritte würden die Palästinenser aber keiner Verlängerung der 72-stündigen Waffenruhe über Mittwoch hinaus zustimmen.

Gibt es einen neuen Friedensplan?

Die israelische Nachrichtenseite "ynet" hatte berichtet, Ägypten habe den Delegationen beider Seiten einen Vorschlag für eine langfristige Entschärfung des Gaza-Konflikts unterbreitet. Demnach sollten unter anderem Sicherheitskräfte des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas an den Grenzübergängen Israels mit dem Gazastreifen stationiert werden. Die Fischfangzone im Mittelmeer solle schrittweise auf 12 Seemeilen ausgeweitet werden, hieß es ferner. Die Verhandlungen über einen See- und Flughafen sowie über die Rückführung der Leichen zweier israelischer Soldaten sollten hingegen um einen Monat bis nach Ende des Gaza-Kriegs verschoben werden.

Zu Beginn des kommenden Jahres solle die Pufferzone im Grenzgebiet zu Israel, die von Palästinensern nicht betreten werden darf, aufgehoben werden. Auch hier sollten Sicherheitskräfte von Abbas die Kontrolle übernehmen, hieß es. (dpa)