Essen/Dortmund. Der Essener mutmaßliche IS-Terrorist Silvio K ruft zu einem Anschlag auf den Fliegerhorst Büchel auf, wo amerikanische Atombomben lagern sollen. Das Bundesinnenministerium spricht von einer “abstrakten Bedrohungslage“
Die Saat für die Anschlagsdrohung gegen das US-Atombombenlager in Deutschland wurde vor zweieinhalb Jahren in Dortmund gelegt – nicht von Silvio K. Der zählte damals noch zum salafistischen Fußvolk in Essen. Geistiger Urheber des Terroraufrufs ist Bernhard Falk, Linksterrorist und ehemaliger Bombenleger, der wegen einiger Sprengstoffanschläge 13 Jahre hinter Gittern saß. Im Gefängnis bekannte sich der Militante zum Islam. Seither bietet Falk als radikaler Ideologe Feuer an. Feuer für dschihadistische Zündschnüre.
Silvio K. nimmt es an. Im Frühjahr 2012 hatte Falk das US-Atombombenlager und die Ramstein Air Base als Ziele ausgeguckt, an denen man „die Imperialisten USA/BRD“ schmerzhaft treffen könne.
Schutz der US-Stützpunkte verstärkt
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In seinem Anschlagsaufruf bezieht sich K. darauf. Laut Falk sei das Nukleardepot auf dem Fliegerhorst Büchel „nicht brandgeschützt“ – „und so rate ich jedem, der nach dem Leben im Jenseits strebt, zu tun, was notwendig ist, um diesen Haufen von Dreck auszuräuchern im wahrsten Sinne des Wortes. Steckt dieses US-Atombombenlager in Brand.“
Amerikanische und deutsche Behörden sind alarmiert. Die großen Sicherheitsräder drehen sich. Die Schutzzone um das US-Atomwaffenlager Büchel wurde verstärkt. Strenge Kontrollen gelten laut LKA Rheinland-Pfalz auch für den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein, für den es ebenfalls ein islamistisches Anschlagsszenario gebe. „Wir arbeiten eng mit den deutschen Behörden zusammen“, sagte ein Sprecher der US-Botschaft.
Die Bösen sind die anderen
Die Terrorbotschaft aus dem syrischen Kriegsgebiet ist elf DIN-A-4-Seiten lang und liest sich zumeist wie eine Mischung aus einem Leserbrief und einer Laienpredigt. Es schreibt: Silvio K., Gotteskrieger der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Er reagiert damit auf einen Zeitungsbericht, der ihn vor zwei Wochen als Mitglied und Sprachrohr der Extremistengruppe enttarnt hat. Absatz für Absatz hat der Terrorist kopiert; seitenlang nimmt er dazu Stellung. „Vom Schläfer zum Terroristen“ überschreibt Silvio K. seinen Blick auf sein Leben. Die Selbstdarstellung ist ein Schwarz-Weiß-Produkt. Es gibt die Bösen und die Guten. Die Opfer und die Täter. Der Dschihadist K. gibt das Opfer. Täter, das seien „die Staatshunde der BRD“, für die er zumeist derbere Ausdrücke findet. Er habe die „die Anfeindungen des Staates erleiden“ müssen, jetzt werde der Spieß umgedreht. „Bei Allah, ich bin noch lange nicht fertig mit Deutschland.“ Und: „Ich bin noch nicht fertig mit den USA.“
Fix und fertig sind Angelika H. und ihr Freund. Die beiden Solinger Ex-Nachbarn von Silvio K. werden in dem Anschlagsaufruf persönlich bedroht. Weil sie erzählt hat, wie das so war mit Dutzenden von Salafisten im Mietshaus, sinnt K. auf Rache. Jemand möge sich „für mich bei ihr bedanken“. Angelika H. hat Angst. Auch wenn sie von der Polizei überwacht wird.
„Abstrakt hohe Gefährdung“
Der Staatsschutz sei bei ihr gewesen. Sie solle vorsichtig sein. „Die denken, die Salafisten wollen mir was tun“, sagt sie. Als ein Beamter von „Lynchjustiz“ und „Mord“ gesprochen habe, sei sie „bei einer Freundin untergetaucht“. Danach verbrachte sie ein Wochenende bei ihrem Bruder. „Aber so geht das ja nicht weiter.“
Das Bundesinnenministerium sieht „eine abstrakt hohen Gefährdung für die innere Sicherheit, die jederzeit in Form von Anschlägen real werden kann“. Die Terrordrohung zeige, „dass Deutschland nach wie vor im Fokus des dschihadistischen Terrorismus steht“, sagte ein Sprecher. „Eine besondere Gefahr“ gehe von Syrien-Rückkehrern mit Kampferfahrung und Kontakten zu Dschihadisten aus.
Ideologe Falk stand am Samstag mit anderen Salafisten vor der US-Botschaft in Berlin. Sie forderten die Freilassung der Gefangenen auf Guantanamo. Wenn Leute auf die Idee kämen, US-Stützpunkte wie Büchel anzugreifen, könne er das verstehen, sagte Falk dem Journalistenbüro Correctiv. Er aber habe „mit militanten Aktionen nichts zu tun“.