Berlin. Das Nein zu Steuererhöhungen war eines der Hauptthemen der Union im Wahlkampf. Nun wirft der eigene Wirtschaftsflügel Merkel vor, Steuern heimlich zu erhöhen. Die Kanzlerin will davon aber nicht abrücken. Ein Fifty-Fifty-Konflikt droht.
Der Wirtschaftsflügel der Union setzt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) unter Druck, die Kalte Progression und damit heimliche Steuererhöhungen abzubauen. Landesverbände und etliche Kreis- und Bezirksverbände unterstützten einen entsprechenden Antrag für den CDU-Bundesparteitag im Dezember, sagte der Chef der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU (MIT), Carsten Linnemann, der Deutschen Presse-Agentur. Und: "Die Chancen sind nennenswert, weil der Wirtschaftsminister gesagt hat, dass er auch am Abbau der Kalten Progression festhält und dieses ohne Steuererhöhung machbar ist."
Die MIT pocht auf die Einführung einer Steuerbremse mit einer jährlichen automatischen Angleichung der Tarifkurve an die Inflation. Kalte Progression bedeutet, dass von Lohnzuwächsen wegen der im unteren und mittleren Einkommensbereich überdurchschnittlich steigenden Steuertarife bei höherer Inflationsrate nichts oder wenig übrigbleibt. Im Extremfall sinkt das Realeinkommen sogar.
"Brauchen den Abbau der Kalten Progression"
Linnemann betonte: "Wenn die Union sagt, dass es keine Steuererhöhung geben darf, dann darf es auch keine heimliche geben. Also brauchen wir den Abbau der Kalten Progression." Die CDU fordere das seit Jahren. In dieser Legislaturperiode müsse das umgesetzt werden. "Vor 50 Jahren musste man das Zwanzigfache des Durchschnitts verdienen, um im Spitzensteuersatz zu sein. Heute ist es rund das Eineinhalbfache. Wenn wir jetzt nichts machen, kann das dazu führen, dass die große Mehrheit der Bürger im Spitzensteuersatz ist. Das kann nicht sein."
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Der CDU-Bundestagsabgeordnete betonte: "Die Debatte wird nicht einfach. Ich schätze die Chancen auf dem CDU-Bundesparteitag 50 zu 50 ein." Merkel hatte noch vor zwei Wochen gesagt, mit der derzeitigen Finanzplanung ergäben sich "keine Spielräume, auch nicht im Bereich des Abbaus der Kalten Progression". Linnemann schlug vor, dass der Bundestag in Abstimmung mit dem Bundesrat bei Haushaltsnotlagen den Abbau der Kalten Progression für ein Jahr aussetzen kann. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat nach eigenen Angaben einen Gesetzentwurf zur Kalten Progression fertig in der Schublade. Dieser habe aber keine Chancen, weil Bundesländer ihn blockierten. (dpa)