Essen. In gut zehn Kilometern Höhe überquerten bisher hunderte Flugzeuge den Luftraum über der Ostukraine. Inzwischen haben ukrainische Behörden den Luftraum komplett gesperrt, die Jets müssen andere Routen in Richtung Südasien nehmen. Haben die Unternehmen zu viel riskiert?

Das Radarbild der Ukraine zeigt seit Donnerstagabend einen fast leer gefegten Luftraum. Die Fluggesellschaften meiden die früher belebte Luftstraße von Europa nach Südasien und weiter nach Australien. „Ab sofort“ umfliege man das Gebiet, erklärte die Lufthansa. Auch Frankreich und die USA empfahlen ihren Airlines, andere Wege zu nehmen. Der Schock durch den Abschuss der Malaysian-Boeing sitzt tief bei den Fluggesellschaften.

Und bei ihren Kunden. War das alles wirklich so überraschend? Oder haben die Unternehmen nur einfach sehr lange sehr viel riskiert? Das Verhalten der Firmen ist unterschiedlich.

Es gab offizielle Warnungen

Anders als Lufthansa räumt Deutschlands zweitgrößte Gesellschaft, Air Berlin, ein: „Wir haben bereits zu Beginn der Krimkrise beschlossen, die Flugrouten nicht mehr über den ukrainischen Luftraum zu führen.“ Auch für Polens LOT und British Airways ist die Ost-Ukraine schon länger Tabuzone.

Immerhin hat im Frühjahr auch eine offizielle Warnung der europäischen Luftaufsichtsbehörde Easa vorgelegen, damals beschränkt auf die Krim. Für die Flughöhe 10 000 Meter der abgeschossenen Boeing hingegen galt nie ein Verbot. Das endete in 9700 Metern.

Die Piloten-Vereinigung Cockpit verweist auf den Irak und Afghanistan, wo Überflüge an der Tagesordnung sind – und dies unbeschadet hoch über den Kriegsereignissen. „Wenn es keine konkreten Hinweise gibt, dass es gefährlich ist, solche Gebiete in einer großen Höhe zu überfliegen, dann ist es tatsächlich tägliche Routine.“

„Nicht nur mit Kalaschnikows“

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Warum gibt es dann Beispiele für ein viel vorsichtigeres Verhalten an anderen Brennpunkten? Das Auswärtige Amt hat für Syrien eine Warnung der internationalen Luftfahrtorganisation ICAO übernommen: „Es wird dringend geraten, den Flugraum über Syrien zu meiden und auf Alternativrouten auszuweichen.“ Denn in Syrien werden oft (Militär-)Jets abgeschossen.

Nichts anderes passiert seit Wochen in der Ukraine. Der grüne Bundestagsabgeordnete und Luftfahrtexperte Markus Tressel sieht deshalb ungleiche Bewertungen kritisch: „Dass für die Ukraine nicht gewarnt wurde, war fehlerhaft. Diese Kriege werden doch nicht mehr nur mit Kalaschnikows geführt.“ Deutschland brauche „nachvollziehbare, einheitliche“ Kriterien, wann zu warnen ist. Und die Fluggesellschaften die Einsicht, dass nicht nur die kürzeste, wirtschaftlichste Route die beste sei.