Rom/Berlin. Wieder dreht sich das Personalkarussell in der Kirche: Mit der Berufung von Rainer Maria Woelki zum Kölner Bischof unterstreicht Papst Franziskus auch das Gewicht der deutschen Katholiken. Der Essener Ruhrbischof Franz-Joseph Overbeck könnte nun für Berlin infrage kommen.
Jetzt ist Papst Franziskus am Zug: Rainer Maria Woelki soll neuer Kölner Erzbischof werden, mit der Bekanntgabe in Rom wird in den kommenden Tagen gerechnet. Für den Kardinal, zur Zeit Erzbischof in Berlin, ist die Rückkehr in seine Heimatstadt Köln ein Karrieresprung. Doch sein Abschied aus der Hauptstadt nach nur drei Jahren reißt neue Lücken in der ohnehin dünnen Personalausstattung der Kirchenspitze.
Vor allem für Berlin ist Woelkis Abgang ein schwerer Schlag. Der 57-Jährige gilt als Shooting Star unter den Bischöfen. Der Rheinländer hatte sich schnell in der Metropole eingelebt und mit seiner offenen Art Berührungsängste überwunden. Woelki hat zwar auch Kritiker unter den Hauptstadt-Katholiken, die vor allem sein Sparprogramm für das Bistum skeptisch beäugen. Ein Nachfolger wird sich mühsam wieder einarbeiten und für neues Vertrauen werben müssen.
Essener Bischof Overbeck könnte für Berlin infrage kommen
Die CDU-Politikerin Monika Grütters, Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), freut sich zwar für Woelki, spricht aber auch von "bitterer Enttäuschung". Woelki habe Berlins Kirche wieder auf die Landkarte gesetzt. Grütters, die auch Kulturstaatsministerin ist, hofft, dass sein Nachfolger ähnlich beherzt den Dialog mit den Religionen im Multikulti-Berlin anpackt.
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So werden nun wieder die Spekulationen aus dem Kraut schießen, wer den wichtigen Posten am Sitz der Bundespolitik übernimmt. Die Bischöfe Stephan Ackermann (Trier), Franz-Joseph Overbeck (Essen) und der Kölner Bistumsverwalter Stefan Heße waren bis zuletzt für Köln gehandelt worden. Sie könnten nun für Berlin infrage kommen.
Zwar hat mit der Wahl des Münchner Kardinals Reinhard Marx (60) im März die Deutsche Bischofskonferenz die Nachfolge an ihrer Spitze für die kommenden Jahre geregelt. Doch unter Deutschlands 24 Millionen Katholiken herrscht Verunsicherung, wie es inhaltlich weitergehen soll. Personalrochaden machen den Weg dabei nicht leichter. Außerdem sind noch die Bischofssitze in Erfurt, Limburg und Hamburg zu besetzen. Jetzt käme Berlin dazu.
Kirche in Deutschland ist für Franziskus wichtig
Die Gläubigen erwarten sich Antworten auf grundlegende Fragen: Können wiederverheiratete Geschiedene darauf hoffen, in Zukunft auch das Abendmahl zu empfangen? Gilt Sex vor der Ehe noch immer als Sünde oder ist das Gebot nicht längst lebensfremd? Hat die Kirche den Mut zu mehr Transparenz nach dem Skandal um Limburgs Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst? Bei der Suche nach Antworten spielt auch der Papst eine zunehmend wichtigere Rolle.
Mit der Berufung von Woelki nach Köln, dem größten deutschen Bistum und der weltweit reichsten Diözese, schlägt der Argentinier einen wichtigen personalpolitischen Pflock ein. Als Pontifex "vom anderen Ende der Welt" ist er bei der Umgestaltung seiner verbürokratisierten Weltkirche auf Globalisierung in Gremien, Strukturen und Ämtern bedacht. Dafür ist die Kirche in Deutschland wichtig. Allerdings gehen Beobachter nicht davon aus, dass Jorge Mario Bergoglio die just aus Deutschland geforderten Reformen in der Lehre durchsetzen will.
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Der Papst stützt sich auf drei deutsche Berater, die kirchenpolitisch unterschiedlicher Couleur sind. Für fachliche und auch theologische Brillanz stehen neben Marx der inzwischen emeritierte Walter Kasper (81) und der Leiter der Glaubenskongregation, Gerhard Ludwig Müller (66). Ob nun progressiv wie Kasper oder konservativ wie Müller - jeder dieser drei deutschen Kardinäle beackert in Rom Felder, die Franziskus besonders am Herzen liegen.
Geballtes Gewicht deutscher Kompetenz in Rom
Marx ist inzwischen so häufig in Rom, dass der Papst alle Gelegenheit hat, mit ihm auch über wichtige Bischofsernennungen zu sprechen. Obwohl nicht Kurienkardinal, ist er einer der Purpurträger, die im Auftrag des Argentiniers das Herzstück seiner "Revolution", die Kurienreform, vorbereiten. Außerdem koordiniert er den ebenfalls neu geschaffenen Wirtschaftsrat im Vatikan - Franziskus krempelt auch die Finanzstrukturen um, will sie effektiver und transparenter machen und in den sozialen Dienst seiner "armen Kirche der Armen" stellen.
Für Kasper hatte Franziskus großes Lob parat, nachdem dieser einen Aufbruch seiner Kirche bei heißen Themen der Familie angeregt hatte. Der Papst schätzt seinen Kardinal, der einen Weg der Vergebung mit einer Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten empfiehlt. Kasper liefert Anregungen für die wichtige Bischofs-Synode im Oktober, bei der es nicht zuletzt um Familie, Ehe, Sex gehen wird.
Franziskus trifft sich gleichzeitig regelmäßig auch mit Müller, dem Präfekten der Glaubenskongregation und damit auch strengen Hüter der Lehre. Klar, dass der Papst bei diesem geballten Gewicht deutscher Kompetenz am Heiligen Stuhl das Land Martin Luthers im Auge behält. Dafür spricht auch Rainer Maria Woelkis Berufung nach Köln. (dpa)