Kairo. . Die Unruhen in der Region machen das Regime nervös. In Dschidda verurteilte ein Spezialgericht für Terroristen den bekannten Anwalt Waleed Abu al-Khair zu 15 Jahren Haft, 15 Jahren Reiseverbot und einer Geldstrafe von umgerechnet 40.000 Euro.

Saudi-Arabien geht seit dem Arabischen Frühling und angesichts der wachsenden Unruhe in der Region immer härter und systematischer gegen Bürgerrechtler vor. In Dschidda verurteilte jetzt ein Spezialgericht für Terroristen den bekannten Anwalt Waleed Abu al-Khair zu 15 Jahren Haft, 15 Jahren Reiseverbot und einer Geldstrafe von umgerechnet 40.000 Euro. Die Vorwürfe sind so vage, wie das Strafmaß drakonisch. Al-Khair habe versucht, die legitimen Machthaber zu beseitigen, er habe die Ordnung des Staates unterminiert, die öffentliche Meinung aufgewiegelt, die Justiz beleidigt, das Ansehen des Königreichs in den Dreck gezogen, internationale Organisationen zu feindseligem Verhalten gegen Saudi-Arabien angestachelt sowie haltlose Erklärungen publiziert, befand das Gericht.

Seine Verurteilung stieß in Washington und bei internationalen Menschenrechtsorganisationen auf harsche Kritik. Amnesty International erklärte Al-Khair zum Gefangenen aus Gewissensgründen und verlangte, ihn sofort freizulassen. „Wir fordern die saudische Regierung dringend auf, die internationalen Standards für Menschenrechte zu respektieren – einen Standpunkt, den wir regelmäßig vortragen“, erklärte die Sprecherin des US-Außenministeriums, Jen Psaki. Al-Khair, der im Briman Gefängnis in Dschidda sitzt, ist Mitbegründer der Facebook-Initiative „Wächter der Menschenrechte in Saudi-Arabien“.

Neuer Tiefpunkt erreicht

Immer wieder kritisierte der Jurist die harten Urteile gegen politische Dissidenten. Als Anwalt vertrat er zahlreiche Oppositionelle vor Gericht, darunter den im Mai zu zehn Jahren Haft und 1000 Peitschenhieben verurteilten Raif Badawi, der in seinem Online-Forum „Saudische Liberale“ die Ansichten erzkonservativer Kleriker und das Treiben der Religionspolizei kritisiert hatte. Al-Khair ist mit der Schwester des Bloggers, Samar Badawi, verheiratet, das Paar hat eine einmonatige Tochter. „Das empörende Urteil gegen Waleed Abu al-Khair zeigt, wie weit Saudi-Arabien geht, um diejenigen zum Schweigen zu bringen, die den Mut haben, sich für Menschenrechte und politische Reformen einzusetzen“, erklärte Sarah Leah Whitson, Direktorin für den Mittleren Osten und Nordafrika bei „Human Rights Watch“. Saudi-Arabien sei immer sehr hart mit Bürgern umgesprungen, die seine Politik kritisierten, „doch einen friedlichen Aktivisten wegen seiner Kommentare in sozialen Medien und seiner Äußerungen in Zeitungen für mehr als ein Jahrzehnt einzusperren, ist ein neuer Tiefpunkt“.

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Im letzten Jahr waren bereits die beiden Gründer der „Saudischen Gesellschaft für zivile und politische Rechte“ (ACPRA) in Riyadh, Mohammad Fahad al-Qahtani und Abdullah al-Hamed, zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Vor zwei Wochen wurde mit Fowzan al-Harbi ein weiteres ACPRA-Mitglied mit sieben Jahren Gefängnis bestraft, weil er „das saudische Regime – grundlos - als Polizeistaat bezeichnet hat“. Sechs Jahre will der Richter zur Bewährung aussetzen, wenn Al-Harbi künftig sämtliche politischen Aktivitäten unterlässt.

Die sich verschärfende Kampagne gegen interne Kritiker zeigt, wie nervös die saudische Führung inzwischen angesichts der regionalen Turbulenzen ist. Erzfeind Iran versucht einen Neuanfang mit den Vereinigten Staaten. Hunderte junger Saudis kämpfen als Gotteskrieger in Syrien und Irak in den Reihen der Isis-Brigaden, die sich mit ihrem Feldzug gegen Bagdad nun auch der Nordgrenze des Königreichs nähern. In der Nacht zu Dienstag schlugen dort erstmals drei Raketen nahe einem saudischen Wohnkomplex ein, die jedoch niemanden verletzten. Kurz zuvor hatten zwei Al-Kaida-Selbstmordattentäter an der Südgrenze zum Jemen eine saudische Grenzstation attackiert. Fünf Offiziere starben.