Tel Aviv. . Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern spitzt sich zu. Die israelische Regierung erlaubt der Armee, Zehntausende Reservisten zu mobilisieren. Man wolle den Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen unterbinden, heißt es. Doch dieser hält an.

Erst knallte es fürchterlich laut. Ein Aufblitzen am nächtlichen Himmel. Dann fielen Metallteile auf das Kreuzfahrtschiff "Aida Diva", das gerade den Hafen im israelischen Aschdod verließ. Wohl Trümmer von abgeschossenen Raketen im eskalierenden Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern.

„Die Teile waren größer als Centstücke und passten zusammengefegt auf eine Müllschippe“, sagtet Hansjörg Kunze, Sprecher des Rostocker Kreuzfahrt-Unternehmens Aida Cruises. Niemand sei verletzt worden. Und plötzlich waren die 2700 Passagiere und Besatzungsmitglieder Teil einen Konflikts, der gerade erst beginnt.

Nach einem massiven Bombardement aus dem Gaza-Streifen gab Israels Premier Benjamin Netanjahu seiner Armee den Befehl, die Operation „fester Felsen“ zu starten und die Hamas in Gaza „nicht mehr mit Samthandschuhen anzupacken“. Die Luftwaffe bombardierte daraufhin Ziele im Landstrich. Der Beschuss israelischer Städte ging weiter.

"Wir haben nichts zu verlieren"

Für Meir Damri ist es fast Routine. Montagfrüh packte der Rentner seine Kinder und Enkel ins Auto und floh aus seiner Heimatstadt Beer Schewa: „Vor wenigen Jahren schlug eine Rakete direkt neben unserem Haus ein und richtete massive Schäden an“, sagt Damri. „Seither hauen wir ab, wenn die Luftschutzsirenen aufheulen.“

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Bis kurz vor Tel Aviv gilt jetzt ein Ausnahmezustand: Bürger werden angehalten, sich in der Nähe von Bunkern aufzuhalten. Theater, Kinos und Universitäten schließen, Menschen fliehen. Denn rund um Gaza herrscht nach zwei Jahren relativer Ruhe wieder Krieg: „Die Armee hat den Befehl erhalten, Ruhe für Israels Süden zu schaffen und das Raketenarsenal der Hamas zu dezimieren“, erklärte Armeesprecher Oberstleutnant Peter Lerner unserer Mediengruppe.

Laut israelischen Schätzungen verfügt die Hamas über mehr als 10.000 Raketen, die auch Tel Aviv erreichen können. Man werde die Operation „fester Felsen“ langsam eskalieren, um den Druck auf die Hamas zu erhöhen, bis diese den Beschuss israelischer Ortschaften einstelle.

Die Zeichen stehen auf Sturm

Allein bis Dienstagnachmittag griff Israels Luftwaffe mehr als 100 Ziele im Landstrich an. „Seit zwei Wochen schläft hier niemand mehr. Dauernd hört man Explosionen“, sagte der palästinensische Menschenrechtler Radsch Sourani aus Gaza dieser Zeitung: „Aber es war noch nie so schlimm wie jetzt. Das hier ist einer der am dichtesten besiedelten Orte der Welt.

Alle haben Angst, von einer israelischen Bombe getroffen zu werden“, sagte Sourani. Für ihn war es kein Trost, dass Israels Angriffe bislang sehr genau waren. Sie richteten sich hauptsächlich gegen leere militärische Einrichtungen der Hamas, deren Zerstörung als Warnung gedacht war.

Doch als es weiterhin dutzende Raketen auf israelische Städte hagelte, ging die Armee zur gezielten Tötung von Hamas-Aktivisten über. Als ersten traf es Muhammad Saaban, einem Kommandant in der Eliteeinheit der Hamas-Marinekommandos. Eine Rakete traf sein Auto. Insgesamt kamen am Dienstag mindestens 14 Menschen in Gaza ums Leben, mehr als 40 wurden verletzt.

Die Zeichen stehen auf Sturm. Denn auf beiden Seiten unterstützen große Teil der Bevölkerungen eine Eskalation: „Wir haben Angst, aber wir haben nichts zu verlieren“, sagte Sourani. „Hier sind alle arbeitslos, es gibt nur sechs Stunden am Tag Strom.

Es gibt keine Verhandlungen, wir sind hier eingesperrt. Es ist unser Recht, gegen Israel Widerstand zu leisten.“ Auf der anderen Seite forderten Israelis, den Beschuss der Hamas mit allen Mitteln zu stoppen: „So ist das kein Leben. Das muss endlich ein Ende haben“, sagte Damri.

Patienten werden verlegt

Jerusalem kündigte die Mobilisierung von bis zu 40.000 Reservisten an, in Vorbereitung einer möglichen Landoffensive: „Wir machen so lange weiter, bis die Hamas versteht, dass der Beschuss Israels nicht in ihrem Interesse ist“, sagte Mark Regev, der Sprecher des Premiers.

Abu Ahmad, Sprecher des Islamischen Dschihad, der die Verantwortung für einen großen Teil des Beschusses übernahm, war nicht beeindruckt. Er drohte, der Dauerbeschuss sei „nur der Anfang. Wenn die Zionisten weitermachen, werden immer mehr Städte vom Krieg erfasst werden.“Israel nahm die Drohungen ernst. Rund um den Gazastreifen verlegten Krankenhäuser Patienten in bombensichere Bunker und stockten ihre Blutbanken auf.