Essen. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs dürfen Bewertungsportale im Internet die Namen ihrer Nutzer ohne deren Zustimmung an niemanden herausgeben. Das gilt auch im Fall eines Arztes, der zu Unrecht schlecht bewertet wurde. Für eine Lästerzunge aus NRW kommt das Urteil allerdings zu spät.

Die Patientenakten? Stapeln sich in Waschkörben. Die Wartezeit? Nicht unter drei Stunden. Die Fachkompetenz? Der Mann verschreibt auch noch die falschen Medikamente.

Würden Sie diesen Mediziner aufsuchen? Kaum. In Schwäbisch-Gmünd ist die Arbeit eines Arztes im Internet auf diese Weise übel beleumdet worden. Anonym. Und falsch. Der Arzt konnte das nachweisen. Das Internetportal Sanego löschte auch die Eintragungen des unbekannten Kritikers aus den Jahren 2010 und 2012. Doch als der Doktor den Namen seines geheimen Gegners erfahren wollte und dessen Anschrift und E-Mail-Adresse, blockierte der Anbieter.

Verleumdungsopfer haben ein Recht auf Unterlassung

Am Dienstag erhielt Sanego höchstrichterlichen Bescheid, dass es den User-Namen nicht herausrücken muss, konkreter: Gar nicht herausrücken darf. Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat unter dem Aktenzeichen VI ZR 345/13 entschieden: „Der Betreiber eines Internetportals ist ... grundsätzlich nicht befugt, ohne Einwilligung des Nutzers dessen personenbezogene Daten zur Erfüllung eines Auskunftsanspruchs wegen einer Persönlichkeitsrechtsverletzung an den Betroffenen zu übermitteln“.

Die Richter stellten in ihrer Entscheidung zwei weitere Weichen. Erstens: Kommt es im Netz zu anonymen Verleumdungen, hat der davon Betroffene ein Recht auf Unterlassung. Zweitens: Auskünfte über persönliche und Abrechnungsdaten können – und müssen im Einzelfall – durch Internetbetreiber herausgegeben werden, „wenn es für Zwecke der Strafverfolgung erforderlich ist“.

In Duisburg wurde ein Ärztekritiker enttarnt

Das Urteil des Senats ist von grundsätzlicher Bedeutung und gilt wohl auch für andere populäre Bewertungsportale wie Hotelbewertungen. Aber es kommt spät. Denn in einem Duisburger Fall ist der Name eines Ärztekritikers preisgegeben worden. Das Online-Portal klinikbewertungen.de hatte den Eintrag eines Nutzers zugelassen, wonach die Therapeutin einer NRW-Klinik sich mehr um die sexuellen Vorlieben ihrer Patienten kümmere als um deren Gesundheit.

Als dem Online-Redakteur durch das Gericht nicht nur Ordnungsgeld verpasst, sondern auch Beugehaft angedroht wurde, wenn er den Namen nicht nenne, verzichtete das Portal auf die Verschwiegenheit und übergab die Nutzer-Daten.

Der Druck ist oft massiv. Im Portal der Augsburger Allgemeinen Zeitung hatte ein User den städtischen Dezernenten anonym der Rechtsbeugung bezichtigt. Die Polizei drohte der Zeitung mit Durchsuchung. Das Blatt gab nach – und den Usernamen heraus. Doch die Polizei durfte das gar nicht, wie ein Gericht später feststellte.