Kiew/Moskau. Nach einer Waffenruhe setzt Präsident Poroschenko wieder auf volle Härte im Kampf gegen Separatisten in der Ostukraine. Seinen Friedensplan will er aber noch nicht völlig aufgeben. Mit Spannung wird in Moskau eine Programmrede von Kremlchef Putin erwartet.
Im Ukraine-Konflikt setzt Präsident Petro Poroschenko nach einer zehntägigen Waffenruhe wieder auf militärische Härte gegen prorussische Separatisten. Die Armee nehme seit dem Morgen erneut Stützpunkte der "Terroristen" unter Feuer, sagte der Parlamentsvorsitzende Alexander Turtschinow am Dienstag in Kiew. Auch Luftschläge seien geplant. Örtliche Medien berichteten von schweren Gefechten nahe der Separatistenhochburgen Slawjansk und Kramatorsk. Dabei seien mindestens sechs Menschen getötet worden.
Russland kritisierte das Aufkündigen der Waffenruhe als Rückschlag für die Friedensbemühungen. Mit der Wiederaufnahme der Kämpfe habe die Führung in Kiew die wichtige diplomatische Initiative Deutschlands, Russlands und Frankreichs gesprengt, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Russland warnte auch mit Blick auf die Interessen der USA in der Ukraine vor geopolitischen Machtspielen in der Ex-Sowjetrepublik. Dass die Ukraine im letzten Moment ein mit Deutschland, Frankreich und Russland vereinbartes Dokument für den Weg aus der Krise abgelehnt habe, rufe tiefes Bedauern hervor.
Putin will russische Bürger in Ukraine schützen
Mit Spannung wurde in Moskau eine Programmrede von Präsident Wladimir Putin zu Grundlagen der russischen Außenpolitik erwartet. Putin wollte am Mittag zu russischen Diplomaten sprechen, wie der Kreml mitteilte. Der Staatschef hatte wiederholt betont, russische Bürger in der Ukraine schützen zu wollen. "Ich hoffe, dass dafür keine Streitkräfte gebraucht werden", hatte Putin vor kurzem unterstrichen.
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Poroschenko hatte in der Nacht nach Beratungen in Kiew mitgeteilt, er werde die ausgelaufene Feuerpause nicht verlängern und stattdessen Stellungen der Aufständischen angreifen lassen. In einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe der Staatschef aber versichert, trotz der Wiederaufnahme der "Anti-Terror-Operation" eine politische Lösung anzustreben, teilte das Präsidialamt in Kiew mit.
Verhandlungen für Treffen mit den Separatisten
Poroschenkos Ostukraine-Beauftragte Irina Geraschtschenko brachte die weißrussische Hauptstadt Minsk als möglichen Ort für Gespräche mit den Separatisten ins Spiel. Der Vertreter der "Volkswehr" in Donezk, Andrej Purgin, nannte den Vorschlag "nicht uninteressant". Es seien aber vor einem Treffen der Konfliktparteien viele Punkte zu klären.
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Poroschenko beschuldigte erneut die Aufständischen, die zehntägige Waffenruhe nicht eingehalten und in diesem Zeitraum Dutzende Soldaten getötet zu haben. Sollten die militanten Gruppen zu einem wirklichen Frieden bereit sein, verschließe er sich neuen Gesprächen nicht.
Die Aufständischen wiesen die Vorwürfe zurück. Die "Volkswehr" habe die Waffenruhe eingehalten, während das Militär "mehr als 200 Mal" gefeuert habe, sagte der Separatistenanführer Konstantin Knyrik.
"Mitten in Europa tobt ein Bürgerkrieg"
Der russische Parlamentsvorsitzende Sergej Naryschkin kritisierte das Vorgehen Poroschenkos scharf. Das krisengeschüttelte Nachbarland benötige einen Dialog der Konfliktparteien und kein neues Blutvergießen, sagte der Chef der Staatsduma der Agentur Interfax zufolge. Naryschkin warf dem Westen vor, die Augen vor dem Leid der ukrainischen Bevölkerung zu verschließen. "Mitten in Europa tobt ein Bürgerkrieg, und der Westen tut so, als würde er es nicht bemerken."
Der Kreml wies Kritik aus der Ukraine zurück, zu wenig Druck auf die Separatisten auszuüben. Russland sei kein Akteur dieses inneren Konflikts, sagte Sprecher Dmitri Peskow der Tageszeitung "Kommersant". Der Einfluss auf die Aufständischen sei "begrenzt". (dpa)