Rom. . Papst Franziskus hat Italiens Mafiosi als „Anhänger des Bösen“ jede Zugehörigkeit zur katholischen Kirche abgesprochen. „Diejenigen, die den falschen Weg wählen, wie auch die Mafiosi, sind nicht in der Kommunion mit Gott. Sie sind exkommuniziert“, sagte der Papst bei einem Besuch in der süditalienischen Region Kalabrien, einer Hochburg der organisierten Kriminalität in Italien.

Es sind unmissverständliche Worte, die der Papst an die organisierte Kriminalität gerichtet hat: „Wenn die Bewunderung für Gott mit der Bewunderung für das Geld ersetzt wird, dann öffnet sich die Straße der Sünde, des Eigeninteresses und der Unterdrückung“, sagte Franziskus am Samstag vor einer Viertelmillion Menschen in der brütend heißen Ebene von Sibari in Kalabrien.

Wenn man nicht Gott anbete, dann werde man das Böse anbeten – so wie es auch jene täten, die von Gewalt und Kriminalität lebten. „Diejenigen, die den falschen Weg wählen, wie auch die Mafiosi, sind nicht in der Kommunion mit Gott. Sie sind exkommuniziert“, donnerte der Papst.

So deutlich war ein Papst noch nie

Exkommuniziert, kein Teil der katholischen Kirche: So deutlich hat sich noch kein Papst gegenüber der organisierten Kriminalität geäußert. In einem denkwürdigen Auftritt im Tal der Tempel bei Agrigento hatte Johannes Paul II. zwar im Mai 1993 nach einer blutigen Anschlag-Serie der Cosa Nostra die Mafiosi zur Bekehrung aufgefordert – sonst warte das Urteil Gottes auf sie. Und Benedikt XVI. hatte die Mafia im Oktober 2010 in Palermo als „mit dem Evangelium inkompatibel“ verdammt.

Das Wort „Exkommunikation“ hatten aber weder Karol Wojtyla noch Joseph Ratzinger in den Mund genommen. Der Ausschluss aus der Kirche war bisher nur als Sanktion von Mafia-Delikten wie Raub und Mord vorgesehen – die bloße Mitgliedschaft in der Mafia genügte nicht für die Exkommunikation. Es ist nicht das erste Mal, dass Franziskus die organisierte Kriminalität ins Visier nimmt: Im März hatte er den Mafiosi angedroht, in die Hölle zu kommen.

Hochburg der ‘Ndrangheta

Die Stadt Sibari, wo Franziskus seine Messe hielt, ist eine Hochburg der ‘Ndrangheta. Diese gilt inzwischen als blutigste und mächtigste Mafia-Organisation Italiens. Auf das Konto eines ihrer Clans geht beispielsweise der Sechsfachmord von Duisburg im Jahr 2007. Mit Drogenhandel, Schutzgelderpressung und der Erschleichung öffentlicher Bauaufträge verdient die ‘Ndrangheta jedes Jahr zweistellige Milliarden-Beträge. Ihre Tentakel reichen bis nach Norditalien, Nordeuropa, Südamerika, in die USA – und bis weit in die Politik.

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Von Gudrun Büscher

Im Januar geriet sie mit der rücksichtslosen Ermordung eines Kindes in die Schlagzeilen: Der dreijährige Coco wurde bei einer Vendetta zusammen mit seinem Großvater und dessen Lebensgefährtin in einem Auto erschossen und anschließend verbrannt. Das Verbrechen hatte in ganz Italien Empörung ausgelöst.

Der Mörder mied Franziskus

Seinen Besuch begann der Papst deshalb nicht zufällig im Gefängnis von Castrovillari, wo der Vater von Coco einsitzt. Franziskus umarmte den Mann und forderte ihn auf, für sein Kind zu beten – auch er tue dies regelmäßig, sagte der Papst. Im Gefängnis sprach der Pontifex auch mit den Großmüttern und der Mutter des Kindes: „Nie wieder Gewalt gegen Kinder, nie wieder Opfer der Ndrangheta!“, sagte Franziskus zu den Frauen.

Im gleichen Gefängnis wie Cocos Vater sitzt auch der Mörder, der im März den Priester von Sibari, Don Lazzaro Longobardi, mit einer Eisenstange erschlagen hatte. Er hatte nicht den Mut, dem Papst unter die Augen zu treten.

Kalabrien ist eine der ärmsten Regionen Italiens und Europas. Oft ist Drogenhandel im Auftrag der ‘Ndrangheta die einzige Möglichkeit, Geld zu verdienen.