Berlin. Seit Wochen streiten die Mitglieder im NSA-Ausschuss über eine Zeugenvernehmung des Whistleblowers Edward Snowden. Union und SPD wollten zunächst ein Kennenlerntreffen in Moskau. Doch Snowden, der sich zurzeit im Moskauer Asyl aufhält, hält das für sinnlos.
Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden lehnt ein informelles Treffen mit den Mitgliedern des deutschen NSA-Untersuchungsausschusses in Moskau ab. "Für ein mündliches, 'informelles' Gespräch in Moskau besteht (...) derzeit weder Raum noch Bedarf", heißt es einem Schreiben von Snowdens Berliner Anwalt Wolfgang Kaleck, der am Freitag bei dem Ausschuss im Bundestag einging.
Weder ihm noch seinem Mandanten erschließe sich die Notwendigkeit eines solchen Gespräches, schreibt Kaleck in dem zweiseitigen Brief, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt. Eine Vernehmung "in der gewünschten Form" sei nur in Deutschland möglich. Union und SPD hatten gegen den Willen der Opposition ein Treffen in Moskau beschlossen.
USA suchen Snowden per Haftbefehl
Vor einem Jahr hatte Snowden ans Licht gebracht, dass der US-Geheimdienst NSA und andere ausländische Nachrichtendienste im großen Stil deutsche Daten abschöpfen. Er hatte vertrauliche Dokumente der National Security Agency (NSA) an Journalisten übergeben und die Überwachungspraxis so öffentlich gemacht. Die USA suchen ihn per Haftbefehl. Momentan hat er Asyl in Russland.
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Der NSA-Ausschuss des Bundestages soll die Spähaffäre aufarbeiten. Grüne und Linke fordern seit langem, Snowden regulär als Zeugen in Deutschland zu befragen. Die Bundesregierung müsse dafür die Voraussetzungen schaffen, verlangen sie. Die Regierung ist allerdings gegen eine Vernehmung des Amerikaners auf deutschem Boden.
Anfang Juni hatten Union und SPD gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen beschlossen, Snowden zunächst für ein informelles Gespräch in Moskau zu treffen - möglichst noch Anfang Juli. Aus der Opposition kam der Vorwurf, es handele sich um eine sinnlose "Kaffeefahrt".
Zeugenvernehmung in Moskau kommt für Snowden nicht in Betracht
Auch Snowden ist von der Idee nicht angetan, wie er nun über seinen Anwalt ausrichten ließ. Es ergebe sich nicht, welche Themen, Fragen oder Zielsetzungen eine solche informelle Zusammenkunft in Moskau haben sollte, heißt es in dem Brief. Kaleck betont darin erneut, auch eine Zeugenvernehmung in Moskau komme nicht in Betracht. Eine Befragung müsse in Deutschland stattfinden. Die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen dafür seien bislang aber nicht geschaffen.
Der Unions-Obmann Roderich Kiesewetter (CDU) sagte, der Ausschuss müsse Snowdens Entscheidung respektieren. Er beklagte, der Amerikaner wolle nicht zu den Fragen des Gremiums im Einzelnen Stellung nehmen, sondern sehe seine Rolle nur als die eines Sachverständigen.
Zeugenvernehmung könnte neue Erkenntnisse bringen
Mehrere Unions-Politiker hatten mit Verweis auf die bisherigen Äußerungen Snowden den Erkenntnisgewinn durch eine Zeugenaussage angezweifelt. Der Amerikaner hatte dem jedoch widersprochen und für den Fall einer Vernehmung wertvolle Hinweise in Aussicht gestellt.
In Kalecks Brief heißt es dazu, Snowden habe sich bislang gegenüber dem Europaparlament und der Parlamentarischen Versammlung des Europarats als Sachverständiger geäußert - ein Mal schriftlich, das andere Mal in einem 30-minütigen mündlichen Beitrag. Eine Zeugenvernehmung würde "ungleich ausführlicher" ausfallen und sich auf "Wahrnehmungen zu konkreten Tatsachen und Ereignissen" beziehen. Dieser evidente Unterschied werde "von unterschiedlichen Akteuren entweder in rechtlicher oder tatsächlicher Unkenntnis völlig verkannt oder aus politischen Gründen geleugnet". (dpa)