Washington. . NSA-Enthüller Edward Snowden will nach eigenen Angaben zurück in die USA. Er sei ohne Einschränkung ein Patriot und möchte wieder nach Hause, sagte der 30-Jährige in einem Interview des US-Senders NBC, das am Mittwochabend ausgestrahlt wurde.
Es geht ihm wie dem außerirdischen E.T. - er will wieder nach Hause. NSA-Enthüller Edward Snowden hat ihm ersten Fernsehinterview mit einem US-Sender keinen Zweifel daran gelassen, wo er sich nach bald einem Jahr im russischen Zwangs-Exil am liebsten sähe. „Wenn ich irgendwo hingehen würde“, sagte der 30-Jährige im Gespräch mit NBC-Chefmoderator Brian Williams, „wäre dieser Ort zu Hause.“
Snowden, in North Carolina geboren und vor seiner Flucht über HongKong nach Moskau auf Hawaii sesshaft gewesen, sieht sich ohne Einschränkung als „Patriot“, der seinem Land habe „dienen“ wollen, als er umfangreiche Daten über die Späh-Programme der National Security Agency (NSA) kopierte, an ausgesuchte Journalisten zur dosierten Veröffentlichung weitergab, um so eine Reform der Überwachungsprogramme anzustoßen.
„Manchmal muss man das Gesetz brechen, um das Richtige zu tun“
Dass er Straftaten begangen hat, war ihm immer bewusst. „Manchmal muss man das Gesetz brechen, um das Richtige zu tun“, sagte der Computer-Fachmann in dem einstündigen, mehrfach von Werbung und Zwischenmoderationen unterbrochenen Interview, das vor einer Woche im Moskauer Hotel Kempinski aufgenommen worden war.
Bereut er, was er getan hat? Snowden wählte seine Worte mit Bedacht. „Ich fühle mich gut, dass ich das Richtige getan habe, auch wenn es hart war.“ Mehrfach betonte der blasse, junge Mann, der sich ausgesucht präzise und schlagfertig auszudrücken verstand, dass Amerika kein „Überwachungsstaat“ werden dürfe. Inzwischen gingen die Fähigkeiten der NSA so weit, die Gedanken von Menschen etwa beim Verfassen von E-Mails im voraus zu erahnen.
Treiben der NSA laut Snowden „unkontrolliert und gefährlich“
In einer emotional starken Szene hielt Moderator Williams sein Handy hoch und fragte, was die NSA und andere Dienste damit anstellen könnten. Snowdens Antwort: im Prinzip alles. Man kann es als ferngesteuertes Mikrofon nutzen, Fotos damit machen, Daten abschöpfen, Bewegungsprofile erstellen und Apps aus der Ferne steuern. „Unreguliert, unkontrolliert und gefährlich“ sei das, was die NSA treibe.
Mehrmals gab Williams Edward Snowden Gelegenheit, seine Kritiker mit versöhnlichen Tönen anzusprechen. So sei sein Onkel zur Zeit der Anschläge vom 11. September 2001 im Pentagon in Washington beschäftigt gewesen, wo mehrere Dutzend Menschen starben, erzählte der meistgesuchte Mann Amerikas. Er selbst war am Tag der Attentate in der NSA-Zentrale in Fort Meade/Maryland. Was ihn erbost? Dass die Regierung das Trauma der Terroranschläge „ausgebeutet“ hat für den Überwachungswahn der NSA.
Snowden nimmt NSA-Belegschaft in Schutz
Betont nahm Snowden die NSA-Belegschaft, in der ihn viele für einen Verräter halten, in Schutz. Das seien gute Leute, die sich einer ehrenwerten Aufgabe verschrieben hätten, sagte er. Das Problem sei die Führungsebene, der das rechte Maß für eine gesunde Balance zwischen Sicherheit und Freiheit abhanden gekommen sei.
An seiner amerikanischen Heimat vermisse er so gut wie alles - Familie, Freunde, sein Haus, seine Arbeit, die Kollegen. Das Leben in Moskau würdigte er distanziert kritisch. Zu keiner Zeit habe er mit russischen Behörden zusammengearbeitet oder ihnen Unterlagen überlassen. Auch habe er den russischen Präsidenten Putin niemals persönlich getroffen. Was die Einschränkung der Freiheitsrechte in Russland angehe, etwa bei der Nutzung des Internets, so Snowden, empfinde er tiefe „Frustration“.
Geschickt entzog sich Edward Snowden jedem Aspekt, der in einem etwaigen Prozess Wirkung entfalten könnte. Etwa der Frage, wann genau er entschieden habe, NSA-Server anzuzapfen und in großem Stil Daten zu kopieren. Kein Kommentar. Auch bei dem ihm gebührenden Strafmaß - Amnestie, Begnadigung, hart Bestrafung? - hielt er sich zurück. „Das ist eine Debatte, in der die Öffentlichkeit und die Regierung entscheiden müssen.“
Snowden deutete verklausuliert an, im Falle einer Rückkehr in die USA eine Strafe hinnehmen zu wollen - allerdings keine Jahrzehnte hinter Gittern. Er will verhandeln, einen möglichst günstigen „Deal“ erzielen, um danach mit noch größerer öffentlicher Durchschlagskraft für seine Sache streiten zu können: die Wahrung der Privatsphäre. Dazu müsste die US-Regierung allerdings die Anklagepunkte verändern oder eine Ausnahme zulassen. Nach dem zurzeit im Mittelpunkt stehenden Spionage- und Hochverrats-Vorwurf wäre Snowden ein öffentlicher Prozess und damit die Möglichkeit der Erklärung und Verteidigung seiner Taten verwehrt. Genau darauf aber kommt es ihm an.
Ausdrücklich bekannte sich Edward Snowden zum Modell des „zivilen Ungehorsams“. In seiner Situation sei ihm nichts anderes übrig geblieben, nachdem diverse kritische Eingaben über die Eingriffsmöglichkeiten der NSA und den damit fortgesetzten Verstoß gegen die Privatsphäre von Millionen Menschen völlig ins Leere gelaufen seien. „Man hat mir bedeutet, einfach keine Fragen mehr zu stellen.“