Donezk. Kiew und Moskau rüsten verbal ab. Der Westen hofft auf eine Stabilisierung der Ukraine. Doch im Osten der Ex-Sowjetrepublik gibt es schwere Kämpfe. Der Flughafen von Donezk soll sich seit Dienstag wieder in der Hand der Regierung befinden. Allein in Donezk soll es mindestens 40 Tote gegeben haben.
Nach heftigen Gefechten mit prorussischen Separatisten haben ukrainische Regierungstruppen nach eigenen Angaben den Flughafen der Millionenstadt Donezk zurückerobert. "Der Gegner hat ernste Verluste erlitten, wir haben keine", sagte Innenminister Arsen Awakow einer Mitteilung vom Dienstag zufolge. Der "Anti-Terror-Einsatz" werde fortgesetzt.
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Bürgermeister Alexander Lukjantschenko sprach von mindestens 40 Toten bei den Gefechten in der Stadt, darunter 2 Zivilisten. Im benachbarten Gebiet Lugansk sei ein Ausbildungslager der "Terroristen" mit einem Luftangriff zerstört worden, teilte Awakow zudem mit. Nach Separatisten-Angaben kamen allein in der Stadt Donezk mindestens 35 Menschen ums Leben.
Zuvor hatte es erstmals seit Wochen Entspannungssignale zwischen der Ukraine und Russland gegeben. Allerdings schwelt auch der Gasstreit zwischen beiden Ländern weiter. Die Ukraine-Krise ist auch Thema bei einem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel.
Wurde ein Lastwagen mit Verletzten beschossen?
Regierungstruppen gehen in der Ostukraine seit Wochen gegen Aufständische vor. Der Separatisten-Anführer Pawel Gubarew teilte am Montagabend mit, ein Lastwagen mit verletzten Kämpfern sei von regierungstreuen Truppen beschossen worden, als er vom Donezker Flughafen in ein Krankenhaus unterwegs gewesen sei. Der selbst ernannte Gouverneur der nicht anerkannten "Volksrepublik Donezk" sprach in einer Mitteilung auch von 15 Verletzten. Die Gesundheitsbehörden bestätigten lediglich, dass es Tote und Verletzte bei Kämpfen in der Millionenstadt gegeben habe.
Die Verletzten würden in Krankenhäusern der Stadt behandelt, die Toten in Leichenhallen gebracht, teilte die regierungstreue Gebietsverwaltung mit. Die Behörde machte keine Angaben dazu, zu welcher Konfliktseite die Opfer gehörten. Donezk wird von militanten prorussischen Kräften geführt, die die Kiewer Regierung nicht anerkennen. Unabhängige Berichte über den Zwischenfall gab es nicht.
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Der am Sonntag gewählte neue prowestliche Präsident Petro Poroschenko hatte eine Verschärfung der "Anti-Terror-Operation" angekündigt. Gleichzeitig bot er einen Dialog mit Moskau an. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte nach Angaben von Interfax, seine Regierung sei dazu bereit. Allerdings forderte er Poroschenko auch auf, die "Anti-Terror-Operation" zu stoppen.
Poroschenko war am Abend offiziell zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt worden. Der Wahlkommission zufolge kam der Milliardär nach Auszählung von 90,01 Prozent der Stimmzettel auf 54,33 Prozent. Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko landete weit abgeschlagen mit 13 Prozent auf Rang zwei. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) schätzt ein, dass die Wahl trotz der unruhigen Lage demokratische Standards erfüllte.
Die Abstimmung in dem Krisenland ist auch Thema des Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs am Dienstagabend (19.00 Uhr) in Brüssel. Zuvor hatte es in Diplomatenkreisen geheißen, da die Lage in dem Land nicht eskaliere, stünden schärfere Sanktionen gegen Moskau zur Zeit nicht an. (dpa)
EU liefert Kompromissvorschlag im Gas-Streit zwischen Moskau und Kiew
Im milliardenschweren Gasstreit haben sich Russland und die Ukraine noch nicht auf ein Gesamtpaket geeinigt. Nach einem Spitzentreffen der beiden Energieminister mit der EU-Kommission am Montag in Berlin wurden unverändert Differenzen über den künftigen Gaspreis für die Ukraine deutlich. "Wir sind noch nicht durch", sagte EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU). Bei einer weiteren Verhandlungsrunde an diesem Freitag soll eine Eskalation noch abgewendet werden.
Oettinger präsentierte nach mehrstündigen Gesprächen, an denen auch der russische Gazprom-Chef Alexej Miller teilnahm, einen Kompromissvorschlag. Danach muss sich die Ukraine bis Mittwochabend entscheiden, ob sie zur Begleichung ihrer Gasschulden am Donnerstag eine Anzahlung von zwei Milliarden US-Dollar (1,47 Mrd. Euro) an Gazprom überweist. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin müsse dieser Lösung zuvor zustimmen, erläuterte Oettinger. Geplant sei eine weitere Zahlung des ukrainischen Versorgers Naftogas an Gazprom am 7. Juni von 500 Millionen Dollar.
Ukraine ist wichtiges Transitland für russisches Gas
Zu einer gemeinsamen Pressekonferenz kam es in der Vertretung der EU-Kommission nahe des Brandenburger Tores nicht. Oettinger sowie die Minister beider Länder informierten nacheinander über ihre Sicht der Verhandlungen. Gazprom-Chef Miller nahm zwischen Journalisten Platz, gab aber demonstrativ dem ukrainischen Energieminister Juri Prodan die Hand.
Gazprom droht damit, ab Anfang nächster Woche kein Gas mehr in die Ukraine zu pumpen, wenn Kiew nicht Altschulden von 3,5 Milliarden US-Dollar (rund 2,6 Mrd. Euro) bezahlt. Dies könnte auch den Westen treffen, denn die vor dem Staatsbankrott stehende Ukraine ist wichtiges Transitland für russisches Gas.
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Prodan ließ offen, ob Kiew sich auf den Kompromiss einlässt. Es gebe keine Beschlüsse dazu. Er verlangte von Gazprom einen "gerechten Gaspreis" von 300 US-Dollar je 1000 Kubikmeter, der Marktpreisen entspreche. Dann sei die Ukraine bereit, alle Schulden zu bezahlen. Sollte es keine Einigung geben, müsse letztlich ein Stockholmer Schiedsgericht über Änderungen am Gasvertrag entscheiden, meinte Prodan. Gazprom verlangt bislang für April und Mai einen Preis von rund 480 Dollar.
Europäische Kunden "liegen Moskau am Herzen"
Der russische Energieminister Alexander Nowak sprach von "wesentlichen Fortschritten". Leiste der ukrainische Staatskonzern Naftogas die Milliarden-Anzahlungen, sei Russland bereit, am Freitag weiter zu verhandeln. Die Versorgungssicherheit der europäischen Kunden liege Moskau am Herzen: "Wir waren und sind ein zuverlässiger Lieferant." Allerdings hätten die Außenstände der Ukraine mittlerweile eine "astronomische Größe" angenommen. Kiew habe über 10 Milliarden Kubikmeter Gas nicht bezahlt.
Der Chef des zweitgrößten deutschen Versorgers RWE, Peter Terium, sieht die Energieversorgung der Ukraine und Osteuropas weiter kritisch. "Noch ist nicht Winter, und ab Juni liefert Russland - nach jetzigem Stand - nur noch gegen Vorkasse", sagte Terium der Deutschen Presse-Agentur. Sollte Russland die Gaslieferungen gen Westen durch die Ukraine einstellen, wären neben der Ukraine auch alle Balkanländer, die Slowakei und Italien stark betroffen. (dpa)