Düsseldorf. . In Düsseldorf hat sich die CDU in den vergangenen Jahren eine strukturelle Mehrheit erarbeitet. Oberbürgermeister Dirk Elbers regiert mit einer Selbstzufriedenheit, aus der die SPD Kapital schlagen will. Doch das wird schwer. Alle Schlüsselstellen der Stadtgesellschaft sind mit Unionisten besetzt.
Als der Doppelstock-Reisebus eine hübsche Siedlung in Düsseldorf-Eller passiert, schnarrt das rheinische Timbre des Reiseleiters besonders zufrieden durch die Bordlautsprecher: „Ist doch wunderschön hier“, sagt Dirk Elbers ins Mikrofon. Zu besichtigen ist sein eigenes Wohnhaus. An der Straßenecke spricht er von sich in der dritten Person: „Das ist das Stammlokal des Oberbürgermeisters. Hier kann man ihn ab und an treffen.“
Die Düsseldorfer CDU hat sich für den Wahlkampf-Endspurt eine besondere Aktion einfallen lassen. Elbers soll für Bürger und Medien den Fremdenführer spielen und bei Bustouren zeigen, wie prächtig sich die Landeshauptstadt entwickelt hat. Der ehemalige Immobilienverwalter zeigt Baustellen, schwärmt von Masterplänen, rechnet Millioneninvestitionen zu schwindelerregenden Summen auf. 13.600 neue Wohnungen, neue Kitas, neue Spielplätze, Star-Architekten. So geht das zwei Stunden lang. Eine Tour der Selbstzufriedenheit.
Düsseldorf ist die Ausnahme in NRW
Der Kampf um Düsseldorf ist für CDU und SPD nicht irgendein Teil der Kommunalwahl. Es ist die einzige westdeutsche Landeshauptstadt, in der die Union noch das Sagen hat. Heute kommt eigens Kanzlerin Angela Merkel, um die Düsseldorfer Christdemokraten zu mobilisieren. Köln, Dortmund, Essen, Duisburg – in allen anderen NRW-Ballungsräumen stellt die SPD den Oberbürgermeister. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sähe gerne auch in Düsseldorf einen Parteigenossen im benachbarten Rathaus.
Doch seit 15 Jahren hat sich die CDU hier eine strukturelle Mehrheit erarbeitet. 1999 konnte der streitbare Jurist Joachim Erwin das Oberbürgermeister-Amt erobern und bis zu seinem Krebstod 2008 zeigen, was man in der Kommunalpolitik bewegen kann. Lange bevor die Folgen der Energiewende spürbar wurden, verkaufte er vorausschauend Stadtwerke und RWE-Aktien. Die Stadt wurde schuldenfrei und stellte Kita-Plätze beitragsfrei. Hinzu kamen städtebauliche Weichenstellungen zur Flughafen- und Messe-Entwicklung, zum Bau von Medienhafen, U-Bahn, Stadion und Kö-Bogen, zur Ansiedlung von Künstlern und Modeschöpfern, zur Umwandlung von Industriebrachen in hippe Wohnquartiere. Düsseldorf war plötzlich mehr als der piefige „Schreibtisch des Ruhrgebiets“. Erwin hat nicht alles selbst erfunden, aber vieles befördert.
Elbers trat 2008 das Erbe an und konnte 2009 auf klare kommunalpolitische Verhältnisse verweisen: Die CDU lag bei 42 Prozent, die SPD nur noch bei 23. Bald geht der letzte Amtsleiter der Stadt mit SPD-Parteibuch in den Ruhestand, sämtliche Schlüsselstellen der Stadtgesellschaft sind mit Unionisten besetzt. Dass sich das erfolgreiche Düsseldorf inzwischen selbst genug ist, hat der Zwei-Meter-Mann Elbers oft kundgetan. Dass er „First Class“ fliegt und im ärmeren Ruhrgebiet „nicht tot über dem Zaun hängen“ will, dürfte in Schickimicki-Kreisen am Rhein bestens ankommen. Umfragen sehen Elbers klar vorn.
SPD gegen Hochmut und Arroganz
Genau hier setzt die SPD an. Mit dem 50-jährigen Thomas Geisel hat sie einen Juristen und Energiemanager als OB-Kandidaten aufgeboten, der in Düsseldorf vermittelbar scheint. Der drahtige Marathon-Läufer schwäbelt zwar unüberhörbar, lebt aber schon lange in der Stadt. Die SPD vermarktet ihn als netten Macher, sozusagen als Erwin mit sozialem Kompass.
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„Du bist das sympathische Gesicht Düsseldorfs“, lobt der rheinische Landtagsabgeordnete Reiner Thiel, als Geisel mit den Oberbürgermeister-Kollegen aus Köln, Duisburg und Mönchengladbach hoch oben in der Lounge des Rheinturms steht. Durch die Panoramascheiben kann man bis zum Kölner Dom blicken. Mehr regionales Denken, weniger „Hochmut und Arroganz“ wünscht sich Geisel. Messe, Flughafen, Energieversorgung und Flächenmanagement – Düsseldorf brauche mehr Vernetzung, wenn der Erfolg von Dauer sein solle.
Mit solchen Debatten hält sich Elbers nicht auf. Während seiner Düsseldorf-Tour klagt er nur einmal: „Der Bus fährt zu schnell, um alles zu zeigen, was hier passiert.“