Düsseldorf/Berlin. Das NRW-Schulministerium erwartet von den Lehrern, dass sie die Grundschulkinder gut auf die Vera-Tests vorbereiten. Doch die bundesweiten Vergleichsarbeiten in der dritten und achten Klasse stiften immer mehr Unmut. Auch Wissenschaftler stellen den Nutzen der “Testeritis“ in Frage.

Stifte raus zum Mathetest: Am kommenden Dienstag beginnen für die Drittklässler an Rhein und Ruhr die bundesweiten Vergleichsarbeiten („Vera“) mit Rechenaufgaben und Geometrie. Eine Woche später werden Rechtschreibung und Leseverstehen getestet. Lehrerverbände kritisieren den Leistungstest massiv: zu aufwendig, zu teuer, zu wenig aussagekräftig.

„Vera-Testaufgaben scheren alle Kinder über einen Kamm“, beklagt Marlis Tepe, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Testantworten könnten nur mit „Richtig“ oder „Falsch“ bewertet werden – feinere Unterscheidungen, die Teilantworten oder individuelle Lösungswege berücksichtigen, seien nicht möglich. „Vera hilft der Schule nicht.“ Der bundesweite „Massentest“, so auch Maresi Lassek vom Grundschulverband, sei zudem inklusionsfeindlich und ungerecht, weil viele Aufgaben nur von gut geübten Muttersprachlern zu verstehen seien.

"Vera verschwendet Ressourcen"

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„Vera bindet Zeit und verschwendet Ressourcen“, klagt auch Udo Beckmann vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) und fordert ein Ende der „Testeritits“. Um bundesweit rund 650.000 Drittklässler zu testen, fallen nach Angaben der GEW jedes Jahr allein 1,2 Millionen Euro Druckkosten für die Testbögen an. Hinzu kommt der Bearbeitungsaufwand für die Lehrer – die Gewerkschaft rechnet mit Lehrerstunden im Wert von rund 20 Millionen Euro pro Jahr. Noch nicht eingerechnet sind dabei die Kosten für die wissenschaftliche Auswertung.

Zehn Jahre nach der Einführung von „Vera 3“ forderten GEW, VBE und Grundschulverband gestern in einem gemeinsamen Manifest eine Reform der Vera-Tests: Stichproben statt flächendeckende Tests für alle Drittklässler, die Umstellung auf einen drei- bis fünfjährigen Rhythmus anstelle der jährlichen Tests, dazu mehr Zeit und Geld für die Schulen, um aus schlechten Testergebnissen auch Konsequenzen ziehen zu können.

"Die Aufgagen könnten kindgerechter sein"

Wissenschaftler teilen die Kritik an der Testmethodik: „Es muss besser werden, die Aufgaben könnten kindgerechter sein“, so Hans Anand Pant, Direktor des Berliner Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB), das die Vera-Tests im Auftrag der Kultusministerkonferenz (KMK) ausarbeitet. Auch KMK-Präsidentin und NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) will die Kritik der Verbände bei der geplanten Überarbeitung aller Schulleistungstests einbeziehen.

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Viele Lehrer ärgern sich über die Tests: In einer Umfrage der GEW unter ihren Mitgliedern sieht die Mehrheit keinen Nutzen für den eigenen Unterricht oder die Entwicklung der Schule. Acht von zehn Lehrern haben die Nase voll: „Der Aufwand ist viel zu groß gemessen am geringen Ertrag.“

Das NRW-Schulministerium weist in seinem Schreiben an die Grundschulen zwar darauf hin, dass „kurzfristiges, gezieltes Üben von Aufgaben“ nicht notwendig sei, verlangt von den Lehrern aber dennoch gute Vorbereitung: „Da sich die Aufgabenformate der Vergleichsarbeiten teilweise von denen der Klassenarbeiten unterscheiden, sollten die Schülerinnen und Schüler mit diesen vertraut gemacht werden.“ Das heißt: Zusätzliches Pauken für die Prüfung.