Berlin. Als “hochprofessionelle Experten“ hat Verteidigungsministerin von der Leyen die nun freigelassenen OSZE-Beobachter bezeichnet. Es sei wichtig, sich in der Ukraine nicht einschüchtern zu lassen. Doch nach der Freilassung der Deutschen gibt es unbequeme Fragen. War ihr Einsatz militärisch oder zivil?

Ursula von der Leyen würde es wieder tun: Militärbeobachter in eine Krisenregion schicken. So wie Oberst Axel Schneider und seine Kameraden, die in der Ost-Ukraine als Geiseln gehalten wurden. Zum einen seien sie „hochprofessionelle Experten“, und zum anderen findet sie es wichtig, „dass wir uns nicht einschüchtern lassen“, erklärte die Verteidigungsministerin. Seit Samstag sind die Geiseln frei. Ende gut, alles gut?

Nicht mal in von der Leyens eigenem Lager – in der Union – wollen alle zur Tagesordnung übergehen, nachdem die Männer wieder auf freiem Fuß sind. CSU-Vizechef Peter Gauweiler stellt im „Spiegel“ Fragen und tritt eine Debatte los, die in Berlin womöglich erst diese Woche richtig in Schwung kommen wird.

Debatte beginnt gerade erst

Gauweiler will wissen, wer die Soldaten entsandte, warum sie anders auftraten als die Sondermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), auf die sich über 50 Länder geeinigt hatten. Er fragt, ob und wie der Bundestag damit befasst war. Und: Warum man einer Einladung der Ukraine folgte?

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Entgegen dem öffentlichen Eindruck gehörten die vier deutschen Militärs unter Schneiders Führung nicht zur OSZE-Sonderkommission, die ausdrücklich ziviler Natur war. Die Militärs waren im Osten der Ukraine auf Einladung einer Regierung, so Gauweiler, „deren Legitimität man mit gutem Grund anzweifeln kann“.

Den Separatisten ausgeliefert

Oberst Schneider war den Separatisten auf Gnade und Ungnade ausgeliert. Vom ersten Tag an drängte sich der Verdacht auf, dass Kiew nicht für die Sicherheit garantieren konnte. Legte man es auf eine Eskalation an? Lief es darauf hinaus, „uns in dieser plumpen Weise noch tiefer in den Konflikt hineinziehen“, wie Gauweiler befürchtet. Dass es „unser Interesse sein soll“, bestreitet er.

Mit solchen Fragestellungen wurde die Bundesregierung schon letzte Woche konfrontiert, damals noch mehr von den Medien als von den Parteien. Das lag daran, dass die Geiselnahme andauerte. Jetzt sind die Männer frei, Rücksicht ist nicht mehr nötig.

Die militärischen Fähigkeiten ausloten

Die Unsicherheit über ihren Status war den ersten Erklärungen zum glimpflichen Ende der Geiselnahme zu entnehmen. Während der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte von „OSZE-Beobachtern“ sprach, wählte der Außenpolitiker Andreas Schockenhoff (CDU) eine andere Formulierung. Er sprach lieber von „Angehörigen einer international legitimierten Beobachtermission“.

Von der OSZE gedeckt war die Mission – aber war sie deswegen auch eine OSZE-Mission? Von der Leyen ließ sich nur so viel entlocken: Bei der Mission sei es darum gegangen, herauszufinden, wie das militärische Potenzial in der Ukraine sei, „damit auch die Diplomatie weiß, wie es einzuschätzen hat“.

Nach dieser Lesart haben sie den Job gemacht, den meist die Nachrichtendienste erledigen. Traditionell überlappen sich die Aufgaben ohnedies. Nicht zufällig sind viele Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) frühere Bundeswehr-Offiziere, Frauen und Männer, die wegen ihrer Militärkenntnisse geschätzt werden.