Essen/Brüssel.. Nato-Generalsekretär Andres Fogh Rasmussen in Sorge vor einer Ausweitung der Ukraine-Krise auf weitere Länder Osteuropas. Vor allem den baltischen (Nato-)Staaten drohe Gefahr. Sicherheitsexperten werfen dem Westen vor, keine militärische Strategie für ein solches Szenario zu haben.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hat Moskau vor Provokationen gegenüber dem westlichen Bündnis gewarnt. Der Kreml dürfe „nicht den geringsten Zweifel daran haben, dass wir einen Angriff auf ein Mitgliedsland als Angriff auf uns alle betrachten“, sagte Rasmussen jetzt in einem Interview.

Es gebe Verteidigungspläne auch für einen Staat wie Estland. Die ausgeweitete Luftüberwachung über dem Baltikum sowie die Entsendung von Nato-Schiffen in die Ostsee dienten der Abschreckung.

Die Nato könnte die baltischen Staaten kaum verteidigen

Rasmussen ist nicht allein. „Ich befürchte, dass die russische Politik nicht nur die Ukraine, sondern noch weitere Länder im Visier hat, zumindest die baltischen Staaten“, mahnte der Direktor des renommierten Kieler Instituts für Sicherheitspolitik, Joachim Krause.

Westliche Geheimdienste hätten darauf hingewiesen, „dass russische Streitkräfte auch die Besetzung der baltischen Staaten üben“, sagte Krause der Zeitschrift des Reservistenverbandes, „Loyal“.

Krause warnte, derzeit könne die Nato die baltischen Staaten nicht verteidigen: „Wenn Russland dort das gleiche Spiel aufzöge wie in der Ukraine, dann stünden wir genau so hilflos da wie jetzt..“ Krause kritisierte, Deutschland befinde sich „in einem tiefen Winterschlaf, was die Wahrnehmung militärischer Gefahren betrifft. Unser Bedrohungskosmos umfasst hauptsächlich den Klimawandel und die Datensicherheit in der digitalen Welt, da ist für reale Bedrohungen unserer Sicherheit kein Platz mehr.“

Waffen für glaubhafte Abschreckung

Ebenso wie Nato-Generalsekretär Rasmussen sprach sich Sicherheitsexperte Krause für höhere Rüstungsausgaben der Bündnisländer aus: „Wir brauchen Waffensysteme, mit denen man von einer russischen Invasion einzelner Nato-Mitgliedsstaaten glaubhaft abschrecken kann.“

Die Nato hatte zuletzt die Präsenz an ihrer Ostgrenze verstärkt. Die USA schickten insgesamt 600 Soldaten nach Polen und ins Baltikum.

London und Paris verlegten acht Kampfjets ins Baltikum. Schon im März beschloss die Nato, Awacs-Aufklärungsmaschinen vom deutschen Geilenkirchen aus in die Region zu entsenden.