Berlin. . Die Lage in der Ukraine verschärft sich täglich. Europa will seine Abhängigkeit von Öl und Gas aus Russland verringern. Das garantiere Sicherheit, sagte Polens Ministerpräsident Donald Tusk in Berlin. Er warb für den Aufbau einer EU- Energieunion, die für alle 28 Mitgliedsstaaten Gas einkauft.
Die EU erwägt schärfere Sanktionen gegen Russland. Dann könnte es erstmals um empfindliche wirtschaftliche Strafaktionen gehen. Das deutete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gestern an. Ihr fehlt ein „russisches Bekenntnis“ zum Genfer Friedensplan für die Ukraine. Dass sich die Lage im Osten des Landes mit jedem Tag verschärft hat, führt der Westen auf Russland zurück – daher die harte Gangart. Die Linie hatte US-Präsident Barack Obama in einer Schaltkonferenz mit Kanzlerin Merkel und weiteren EU-Regierungschefs beraten.
Europa wappnet sich
Darauf bereiten sich die Europäer vor. Sie wollen ihre Abhängigkeit von Gas und Öl aus Russland reduzieren. Das garantiere Sicherheit, sagte Polens Ministerpräsident Donald Tusk in Berlin. Die Interessen müssten vernünftig koordiniert werden. Alle müssten ein gutes Gefühl haben: „Alle für einen, einer für alle.“ Er warb für den Aufbau einer EU- Energieunion, die zentral für alle 28 Mitgliedsstaaten Gas einkauft und bei Engpässen eingreifen kann.
Tusk sorgt sich, dass es Russlands Staatschef Wladimir Putin gelingen könnte, die Europäer zu spalten – und Merkel nur die deutschen Interessen vertreten würde. Die Kanzlerin nahm ihm die Sorge. Sie unterstütze seine Vorschläge „im Grundsatz“. Jetzt gehe es darum, „wie wir unsere europäische Kraft sowohl im privatwirtschaftlichen Bereich als auch im staatlichen Bereich besser bündeln können“. Man will zugleich der Ukraine helfen, unter anderem mit Gaslieferungen über eine Pipeline, die durch Tschechien führt.
Tusk: Kein „Business as usual“
Davon unabhängig dringt Polen darauf, dass der Westen politisch nicht zur Tagesordnung übergeht, nachdem Russland in der Krim Fakten geschaffen hat. Ein „Business as usual“ dürfe es nicht geben, sagte Tusk. Schon vor dem Besuch im Kanzleramt hatte der Gast aus Warschau öffentlich klargemacht, was ihn umtreibt: Die Gefahr einer Invasion der Ost- und Südukraine und die Bedrohung des Baltikums.
Russland hält ein Manöver an der Grenze zur Ukraine ab und „testet“ bisweilen die Reaktionsfähigkeit der Nato. Dass russische Kampfjets den Luftraum über der Ostsee nutzen, ist zwar normal, erhöht in diesen Tagen aber die Nervosität in der Nato. Die Amerikaner behaupten sogar, dass die Russen die Separatisten in der Ost-Ukraine unterstützen und ausrüsten; möglicherweise dort selbst verdeckt militärisch operieren. In Geheimdienstkreisen heißt es, das sei plausibel, aber nicht bewiesen. Insgesamt wird die Zahl russischer Soldaten an der Grenze auf 19 000 bis 26 000 Soldaten geschätzt. Es sind aber nicht zuletzt Truppen, die dort seit Jahren stationiert sind.
Merkels Misstrauen
Die Russen hätten nach Ansicht der Kanzlerin die Möglichkeit, mäßigend auf die Separatisten einzuwirken. Davon sei sie „zutiefst überzeugt“. Ihre Enttäuschung machte sie in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten deutlich. Dabei drohte sie mit Sanktionen. Die Kiewer Übergangsregierung habe eine Reihe von Schritten unternommen, um den Genfer Friedensplan umzusetzen – von den pro-russischen Kräften seien solche Signale „leider ausgeblieben“, beklagte die Bundeskanzlerin.
Die EU-Außenminister sollen weitere Sanktionen vorbereiten. Nächste Woche will Merkel bei einem Besuch in Washington demonstrieren, dass die EU und die USA gemeinsam handeln. Parallel dazu dringt der Westen auf Gespräche im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Außerdem pocht Merkel auf eine „vernünftige Vorbereitung der Wahlen“ in der Ukraine. Die seien derzeit „nicht gewährleistet.“