Donezk. . Das Genfer Abkommen, unterzeichnet von den Außenministern der Ukraine, Russlands und den USA, sollte den Durchbruch bringen. Endlich sollten irreguläre Kämpfer in der Ukraine entwaffnet werden. Doch die Separatisten interessiert das Papier nicht. Sie behalten die Waffen und besetzen Gebäude.

Die Führer der separatistischen „Volksrepublik Donezk“ in der Ost-Ukraine weigern sich, ihre Waffen niederzulegen – sie lehnen damit die Hauptbedingungen der Vereinbarung von Genf ab. Dort hatten zuvor die Außenminister von Russland, der Ukraine und der USA mit Beteiligung der EU eine Erklärung unterzeichnet, die vorsieht, alle irregulären Kämpfer in der Ukraine zu entwaffnen, außerdem alle besetzten öffentlichen Gebäude zu räumen.

Beobachter in Kiew, Moskau und im Westen bezeichneten das Abkommen als Hoffnungszeichen. Endlich habe Russland Verantwortung in diesem Konflikt übernommen, sagte der Kiewer Politologe Alexander Suschko. Und das Moskauer Internetportal gazeta.ru titelte: „Durchbruch in Genf.“

Die Donezker Rebellen aber wollen nicht mitspielen. Man sei erst zum Dialog bereit, wenn die „illegale Staatsmacht in Kiew“ die von ihr okkupierten Gebäude räumten, sagte Denis Puschilin, Regierungsmitglied der „Volksrepublik“ gestern in dem von den Separatisten besetzten Regionalparlament.

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Kreml leugnet weiter ede Teilnahme am Aufstand

Außerdem verstoße die neue Staatsmacht unter Interimspräsident Alexander Turtschinow und dem Interimspremierminister Arseni Jazenjuk schon seit dem Moment der Unterzeichnung gegen das Genfer Abkommen: „Sie setzten ihre so genannte antiterroristische Aktion fort, die in Wirklichkeit Gewaltanwendung gegen das eigene Volk ist.“

Im Gebiet Donezk halten seit Wochen schwer bewaffnete Separatisten, die von Elitesoldaten aus Russland unterstützt werden, etwa ein Dutzend Polizeiwachen und andere Amtsgebäude besetzt. Der Kreml leugnet bisher jede Teilnahme an dem Aufstand. In Genf aber unterstützte Russlands Außenminister Sergei Lawrow überraschend die Freigabe der Gebäude sowie die Entwaffnung aller nicht regulären Verbände.

Die prorussischen Rebellen in Donezk lehnen auch das ab. „Welche Waffen sollen wir abliefern?“, staunte gestern Wladimir Makewitsch, ebenfalls Mitglied der Separatistenregierung: „Im ganzen Parlament ist keine einzige Schusswaffe.“ Er gestand, dass es in anderen besetzten Amtsgebäuden „einen Haufen“ Waffen gebe. „Solange die ukrainischen Truppen nicht zurückgezogen werden, brauchen wir sie zur Verteidigung.“

Amnestie für Unruhestifter

Der ukrainische Außenminister Andrei Deschtschiza sagte gestern, man werde keine Truppen aus dem Osten des Landes abziehen: „Sie befinden sich auf ukrainischem Staatsgebiet.“ Erst wenn sich die Lage entspanne, sei es nicht nötig, sie zum Einsatz zu bringen.

Weitere Punkte des Genfer Abkommens sehen eine Amnestie für alle Teilnehmer an den Protestaktionen in der Ukraine vor, vor allem aber eine Föderalisierung des Staates. „Das alles kümmert uns schon nicht mehr“, erklärte Alexander Chrakow, auch er ein Führer der „Volksrepublik“, im Gespräch mit unserer Mediengruppe. „Wir widmen uns ganz dem Referendum, das spätestens am 11. Mai stattfinden soll.“ Allerdings wollte er sich nicht dazu äußern, ob das Volk über eine Loslösung von der Ukraine oder gar einen Anschluss an Russland abstimmen soll.

Konflikt um die Ukraine

Man kann es ihnen nicht ansehen, weil sie kein Hoheitsabzeichen tragen, aber faktisch hat Russland an vielen wichtigen Punkten auf der Krim Stellung bezogen.
Man kann es ihnen nicht ansehen, weil sie kein Hoheitsabzeichen tragen, aber faktisch hat Russland an vielen wichtigen Punkten auf der Krim Stellung bezogen. © REUTERS
Auch Panzer hat Moskau postiert - wie hier im Dorf Perevalnoye nahe Simferopol.
Auch Panzer hat Moskau postiert - wie hier im Dorf Perevalnoye nahe Simferopol. © REUTERS
Durch den Einsatz der Soldaten will Russland zeigen, dass es die neue Übergangsregierung der Ukraine nicht anerkennt.
Durch den Einsatz der Soldaten will Russland zeigen, dass es die neue Übergangsregierung der Ukraine nicht anerkennt. © REUTERS
Russische Soldaten halten Wache vor einer ukrainischen Militäreinheit in Perevalnoye.
Russische Soldaten halten Wache vor einer ukrainischen Militäreinheit in Perevalnoye. © REUTERS
Eine Frau fotografiert bewaffnete Soldaten in der ukrainischen Hafenstadt Feodosiya.
Eine Frau fotografiert bewaffnete Soldaten in der ukrainischen Hafenstadt Feodosiya. © AFP
Auf der Krim begegnen sich Ukrainer und Russen mit Argwohn: Ein ukrainischer Soldat beobachtet russische Militärs.
Auf der Krim begegnen sich Ukrainer und Russen mit Argwohn: Ein ukrainischer Soldat beobachtet russische Militärs. © REUTERS
In Simferopol sind russische Soldaten zurzeit ein alltägliches Bild.
In Simferopol sind russische Soldaten zurzeit ein alltägliches Bild. © REUTERS
Selbst die ganz Kleinen zeigen Flagge: In Simferopol trägt ein Junge eine Schleife in den Farben der russischen Flagge. Im Hintergrund sieht man einen ausgestellten T-34-Panzer.
Selbst die ganz Kleinen zeigen Flagge: In Simferopol trägt ein Junge eine Schleife in den Farben der russischen Flagge. Im Hintergrund sieht man einen ausgestellten T-34-Panzer. © AFP
Russische Marinemanöver im Schwarzen Meer als Drohgebärde.
Russische Marinemanöver im Schwarzen Meer als Drohgebärde. © dpa
Fotos vor Militärpanorama: Im Hafen von Sevastopol sieht man die Schiffe der russischen Marine.
Fotos vor Militärpanorama: Im Hafen von Sevastopol sieht man die Schiffe der russischen Marine. © dpa
Russland zeigt Zähne: Ein bewaffneter Mann steht in der Nähe der ukrainischen Militärbasis in Simferopol.
Russland zeigt Zähne: Ein bewaffneter Mann steht in der Nähe der ukrainischen Militärbasis in Simferopol. © Reuters
Mit kirchlichem Beistand blockieren Soldaten den Eingang eines ukrainischen Grenzpostens.
Mit kirchlichem Beistand blockieren Soldaten den Eingang eines ukrainischen Grenzpostens. © AFP
Rund 1000 Soldaten versammelten sich am Wochenende vor dem ukrainischen Grenzposten.
Rund 1000 Soldaten versammelten sich am Wochenende vor dem ukrainischen Grenzposten. © AFP
Moskau betont, mit dem Militär vor Ort wolle man die Interessen der russischsprechenden Minderheit auf der Krim verteidigen.
Moskau betont, mit dem Militär vor Ort wolle man die Interessen der russischsprechenden Minderheit auf der Krim verteidigen. © dpa
Selbstverteidigungseinheiten haben in Simferopol Stellung bezogen.
Selbstverteidigungseinheiten haben in Simferopol Stellung bezogen. © Reuters
Die prorussischen Milizen machen mit ihren blau-weiß-roten Schildern deutlich, dass die Krim russischer werden soll.
Die prorussischen Milizen machen mit ihren blau-weiß-roten Schildern deutlich, dass die Krim russischer werden soll. © REUTERS
Als das russische Parlament am Sonntag den Militäreinsatz genehmigte, demonstrierten viele Ukrainer dagegen auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew.
Als das russische Parlament am Sonntag den Militäreinsatz genehmigte, demonstrierten viele Ukrainer dagegen auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew. © AFP
Während der Demonstration hält ein Mann ein Schild hoch, auf dem Wladimir Putin und Viktor Janukowitsch neben Adolf Hitler zu sehen sind.
Während der Demonstration hält ein Mann ein Schild hoch, auf dem Wladimir Putin und Viktor Janukowitsch neben Adolf Hitler zu sehen sind. © AFP
"Verschwinde, Putin!" ist die Botschaft einer ukrainischen Frau bei derselben Demonstration. © dpa
In Donezk stellen Demonstranten eine russische Flagge auf.
In Donezk stellen Demonstranten eine russische Flagge auf. © dpa
In Odessa versammeln sich Menschen zu einer Anti-Kriegs-Demonstration.
In Odessa versammeln sich Menschen zu einer Anti-Kriegs-Demonstration. © AFP
Nicht nur in der Ukraine gibt es Demonstrationen. Auch in New York gehen die Leute auf die Straße, um gegen Russland zu protestieren.
Nicht nur in der Ukraine gibt es Demonstrationen. Auch in New York gehen die Leute auf die Straße, um gegen Russland zu protestieren. © AFP
Vor dem russischen Konsulat in Almaty zeigen Menschen ihre Solidarität mit der Ukraine. Ebenso wie in ...
Vor dem russischen Konsulat in Almaty zeigen Menschen ihre Solidarität mit der Ukraine. Ebenso wie in ... © REUTERS
... Warschau. Polnische Demonstranten halten Schilder hoch mit der Aufschrift
... Warschau. Polnische Demonstranten halten Schilder hoch mit der Aufschrift "Die Krim ist ukrainisch". © REUTERS
"Wir sind jetzt alle Ukrainer" - auch in Lettlands Hauptstadt Riga fühlt man mit den Ukrainern. © dpa
Gleiches gilt für die Menschen in Georgien. Auch in Tiflis gingen sie auf die Straße, um gegen Russland zu demonstrieren.
Gleiches gilt für die Menschen in Georgien. Auch in Tiflis gingen sie auf die Straße, um gegen Russland zu demonstrieren. © AFP
Türken, die ihre Wurzeln auf der Krim haben, protestieren mit Bannern. Ein Junge hält ein Schild, auf dem steht
Türken, die ihre Wurzeln auf der Krim haben, protestieren mit Bannern. Ein Junge hält ein Schild, auf dem steht "Wir sind keine Handvoll Menschen, sondern eine vereinte Nation!". © AFP
In St. Petersburg tragen Polizisten einen Demonstranten fort.
In St. Petersburg tragen Polizisten einen Demonstranten fort. © dpa
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Viele Beobachter in Donezk schließen nicht aus, dass die „Volksrepublik“ in den nächsten Tagen doch einknickt. „Würden sie jetzt gleich nachgeben, zeigten sie damit offen, dass Moskau sie kommandiert“, sagt der Politologe Sergei Tkatschenko. Wenn Russland tatsächlich hinter dem Abkommen von Genf stehe, werde die Rebellion bald abflauen. „Aber es ist auch möglich, dass Moskau in Genf nur gute Miene zu seinem bösen Spiel in der Ost-Ukraine macht.“

Vorerst ist von Rückzug nichts zu spüren: Gestern stürmten die Rebellen einen Fernsehturm in der Stadt Kramotorsk, 90 Kilometer nördlich von Donezk.