Athen. . Griechenland besorgt sich aus eigener Kraft Geld am Kapitalmarkt. Ist das Land nun aus dem Gröbsten raus? Was Griechenland braucht, ist ein nachhaltiges, nicht auf Pump finanziertes Wirtschaftswachstum. Eine Analyse.
Die Athener Regierungspolitiker feiern die Rückkehr Griechenlands an den Kapitalmarkt. Wir sind nicht länger auf Hilfskredite angewiesen, sondern können wieder selbst Schulden machen – so lautet, vereinfacht, die frohe Botschaft, mit der die Regierung im beginnenden Europawahlkampf aufzutrumpfen hofft.
Da möchte man eigentlich den Kopf schütteln. Neue Verbindlichkeiten sind schließlich nichts, worauf ein Land stolz sein kann, das so tief in der Schuldenfalle sitzt wie Griechenland – zumal man nun für die Anleihe mehr als doppelt so hohe Zinsen zahlen muss wie für die Hilfskredite der Euro-Partner. Auch die Darstellung der griechischen Regierung, mit der rund achtfach überzeichneten Emission hätten die Anleger ein Vertrauensvotum für Griechenland abgegeben, bedarf der Relativierung: Gefragt ist der neue Bond vor allem wegen seiner hohen Rendite. Und die Anleger vertrauen darauf, dass die EU Griechenland nicht fallenlässt. Das war die wichtigste Botschaft, die Kanzlerin Angela Merkel am Freitag bei ihrem Besuch in Athen überbrachte. Das macht den neuen Bond zum lukrativen Investment mit überschaubarem Risiko.
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Immerhin ist Ministerpräsident Antonis Samaras umsichtig genug, nach der geglückten Emission jetzt nicht in Euphorie zu verfallen: „Täuschen wir uns nicht, wir haben noch eine lange Wegstrecke zurückzulegen, bis wir die Krise endgültig hinter uns lassen“, sagte er seinen Landsleuten. Tatsächlich war die Rückkehr an den Kapitalmarkt nur ein erster, vor allem auch symbolischer Schritt.
Griechenland hat Kreditwürdigkeit gewonnen
Zur Erinnerung: Zuletzt versuchte Athen im April 2010, sich Geld zu leihen. Eine Milliarde Euro wollte man damals aufnehmen, bekam aber nur Angebote über 390 Millionen – ein Desaster. Jetzt ging es um ein Volumen von 2,5 Milliarden, und die Angebote beliefen sich auf über 20 Milliarden. Das zeigt: Griechenland hat Kreditwürdigkeit gewonnen – wenn auch vor allem dank der Rettungsschirme, die vorerst weiter aufgespannt bleiben.
Doch die geglückte Emission der Staatsanleihe eröffnet auch den griechischen Banken und Industrieunternehmen die Rückkehr an den Bondmarkt. Damit werden die Liquiditätsengpässe, die Griechenlands Wirtschaft strangulieren, gelindert. Das ist wichtig, denn größte Herausforderung für Griechenland ist die Rückkehr zum Wachstum. Sechs Jahre Rezession haben die Wirtschaftsleistung um ein Viertel schrumpfen lassen, die Kaufkraft der Menschen um fast 40 Prozent geschmälert und eine Million Arbeitsplätze vernichtet.
Zum Glück beginnt man nun auch in Berlin einzusehen, dass neue Sparvorgaben allein den griechischen Patienten nur noch weiter schwächen. Die am Freitag in Athen von Bundeskanzlerin Merkel und dem griechischen Premier Samaras unterschriebene Vereinbarung über die Gründung einer griechischen Förderbank ist deshalb ein wichtiger Schritt. Diese „Institution für Wachstum“ soll günstige Kredite vor allem an kleine Unternehmen, also an jene, die bei den griechischen Geschäftsbanken meist abblitzen.
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Aufschwung als Schlüssel
Griechenland erwartet für 2014 ein kleines Wachstum von 0,6 Prozent. 2015 soll die Wirtschaftsleistung um weitere 2,9 Prozent und 2016 bis 2020 im Durchschnitt um je 3,6 Prozent zulegen. Damit könnte das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2020 auf 230 Milliarden Euro steigen, was etwa dem Vorkrisenniveau des Jahres 2008 entspräche.
Voraussetzung ist, dass Griechenland mit Strukturreformen, einem Bürokratieabbau und einer Deregulierung seines Binnenmarktes die Fesseln der Wirtschaft löst und der Konjunktur Impulse gibt. Nachhaltiges Wachstum ist nicht nur wichtig im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit. Der Aufschwung ist auch der Schlüssel zum Schuldenabbau. Nur wenn das Land seine Schuldenlast von 175 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung in den nächsten Jahren auf eine tragbare Größenordnung drückt, kann es die Krise hinter sich lassen.