Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Russland in der Krim-Krise mit internationaler Isolation gedroht. Doch in der Ukraine geht die Konfrontation ungehindert weiter: Russland begann ein Militärmanöver an der Grenze, das Parlament in Kiew beschloss den Aufbau einer Nationalgarde.
In einer Regierungserklärung im Bundestag sagte Angela Merkel am Donnerstag, wenn Russland seinen Kurs fortsetze, wäre dies nicht nur "eine Katastrophe für die Ukraine". Damit schade sich Russland auch ganz massiv selbst. "Und zwar ökonomisch wie politisch."
Zur russischen Position gegenüber der Ukraine sagte sie: "Das Recht des Stärkeren wird gegen die Stärke des Rechts gestellt, einseitige geopolitische Interessen über Verständigung und Kooperation." Interessenkonflikte in Europa im 21. Jahrhundert ließen sich nur dann überwinden, wenn nicht auf Methoden des 19. und 20. Jahrhunderts zurückgegriffen werde.
Merkel schließt militärisches Vorgehen aus
Merkel schloss ein militärisches Eingreifen im Krim-Konflikt kategorisch aus, bekräftigte aber die Drohung der EU mit Wirtschaftssanktionen. Wenn es "in den allernächsten Tagen" nicht zu Verhandlungen mit Russland komme, die zu Resultaten führten, würden die EU-Außenminister an diesem Montag weitere Sanktionen beschließen. Dazu gehörten Einreise- und Kontensperrungen.
"Niemand von uns wünscht sich, dass es zu solchen Maßnahmen kommt", sagte sie. "Doch wir alle wären zu ihnen bereit und entschlossen, falls sie unumgänglich werden." Merkel betonte: "In einer Phase großer Unsicherheit in der Ukraine hat sich Russland nicht als Partner für Stabilität in dem mit ihm historisch, kulturell und wirtschaftlich eng verbundenen Nachbarland erwiesen, sondern nutzt dessen gegebene Schwäche aus."
Gysi sieht Fehler von Nato und EU
Von der Gästetribüne folgte auch der ukrainische Botschafter Pavlo Klimkin der Debatte im Bundestag. Linke-Fraktionschef und Oppositionsführer Gysi kritisierte die Haltung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, aber auch den Westen. "Alles was Nato und EU falsch machen konnten, haben sie falsch gemacht." Die EU habe ebenso wie Russland die Ukraine vor die Alternative gestellt: entweder - oder. "Das war ein verheerender Fehler von beiden Seiten."
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Zwei von drei Deutschen halten laut einer Umfrage nichts von Wirtschaftssanktionen gegen Russland, falls der Krim-Konflikt weiter eskalieren sollte. Nur 24 Prozent der Bundesbürger glauben, dass Sanktionen etwas zur Lösung der Krise beitragen können. 69 Prozent sind hingegen überzeugt, dass sie an der verfahrenen Situation nichts ändern - ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer.
Russland beginnt Militärmanöver
Die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) stoppte am Donnerstag die Verhandlungen mit Russland über einen Beitritt. Die Mitglieder hätten sich darauf verständigt, stattdessen die Zusammenarbeit mit der Ukraine zu verstärken, teilt die Organisation in Paris mit. Russland drohte seinerseits den USA und der Europäischen Union mit Sanktionen - und verstärkte seine Militärübungen an der Grenze zur Ukraine.
Panzer-, Artillerie- und Infanterieeinheiten in den an die Ukraine angrenzenden Regionen Rostow, Belgorod und Kursk verstärkten ihre Geländeübungen, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Donnerstag. Ziel sei eine "Überprüfung des Zusammenhalts der Truppen" sowie eine Simulation "von Einsätzen in unbekanntem Gebiet und auf noch nicht getesteten Schießplätzen". Die Übungen sollten bis Ende März andauern, erklärte das Ministerium. Zusätzlich starteten 4000 Fallschirmjäger in der Region Rostow ein groß angelegtes Manöver.
Ein ranghoher russischer Parlamentarier hatte zuvor indirekt die Präsenz russischer Streitkräfte auf der Krim eingeräumt. Es gebe dort "einige Militäreinheiten, die Positionen für den Fall einer bewaffneten Aggression durch Kiew besetzen", sagte Leonid Sluzki am Mittwochabend dem Radiosender Moskauer Echo. Das Wort "russisch" benutzte er nicht, er antwortete aber auf die Frage einer Journalistin, ob Russlands Streitkräfte vor Ort seien.
Aufrüstung mit Hilfe der Maidan-Kämpfer
Die ukrainische Übergangsregierung in Kiew antwortete auf den wachsenden Druck der Russen am Donnerstag mit einer militärischen Ankündigung: Das Parlament der Ukraine beschloss die Schaffung einer Nationalgarde. Die bis zu 60.000 Mann starke Truppe soll hauptsächlich aus Freiwilligen der so genannten Maidan-Selbstverteidigungsgruppen zusammengesetzt sein. Aufgabe der Truppe soll die Sicherung der Grenzen, der Kampf gegen den Terrorismus und die Wahrung der inneren Sicherheit sein. (dpa/afp)