Köln. 15000 Wahlhelfer braucht Köln für die drei Wahlen in diesem Jahr und geht nun neue Wege: Freunde, Bekannte und Nachbarn sollen sich zu Wahlhelfer-Grüppchen zusammenfinden. Der Verein "Mehr Demokratie" befürchtet Wahlmanipulation, besonders durch Rechtsextreme.

Gerade in diesem Jahr ist es für viele Städte nicht einfach, genügend Wahlhelfer zu finden. Schließlich ist 2009 mit Europa-, Kommunal- und Bundestagswahl ein "Super-Wahljahr". Während einige Städte auf ihren Internetseiten ein Online-Formular für die Bewerbung bereit halten, geht Köln ganz neue Wege: Die Verwaltung schreibt frühere Wahlhelfer an und fordert sie auf, in ihrem privaten Bekanntenkreis drei bis fünf Personen zu einem gemeinsamen Einsatz als Wahlvorstand zu gewinnen. Die Gruppe muss sich dann telefonisch im Wahlsonderbüro melden. Der Initiator erhält eine "Prämie" von 25 Euro.  

„Oft wirkt es im Bekanntenkreis ansteckend, wenn einer sagt, dass er bei der Wahl hilft“, sagt Inge Schürmann, Pressesprecherin von Köln. „Und es gibt einfach Bürger, die man leichter motivieren kann, wenn sie mit einem Freund oder einem Bekannten gemeinsam in einem Wahllokal Dienst tun können.“

Wahlmanipulation vorgeworfen

Der Verein „Mehr Demokratie e.V.“ hält von den Wahlhelfer-Grüppchen aus Freunden, Bekannten und Nachbarn gar nichts. „Dies ist eine Einladung zur Wahlmanipulation durch interessierte politische Gruppen“, sagt Landesgeschäftsführer Alexander Slonka. Wenn Wahlvorstände nämlich nur aus einer politischen Couleur besetzt seien, reize das leicht zur Fälschung des Wahlergebnisses. Inge Schürmann von der Stadt Köln hält diesem Vorwurf entgegen, dass die Verwaltung sicherstelle, den siebenköpfigen Wahlvorstand immer mindestens mit einer Person zu besetzen, die nicht zu der Gruppe gehöre. „Hinzu kommt, dass die Auszählung öffentlich stattfindet, jeder Wahlhelfer am Ende seine Unterschrift unter das Wahlergebnis setzen muss – und dass eine geplante Wahlfälschung eine Straftat ist“, sagt Schürmann.

Der Verein „Mehr Demokratie“ berichtet, dass die neue Rekrutierungs-Strategie bei rechtsextremen Vereinigungen besonders gut ankomme. „Pro Köln“ etwa habe seine Anhänger bereits dazu aufgerufen, dem Appell der Stadt zu folgen.

Das Vorgehen ist allerdings formal zulässig, schreibt das Düsseldorfer Innenministerium in einer kurzen Stellungnahme. Gleichzeitig gehe man davon aus, dass das städtische Wahlamt dafür sorge, dass nur geeignete Personen in den Wahlvorstand kämen. "Beispielsweise sollen nicht Angehörige nur einer einzigen  Partei in denselben Wahlvorstand berufen werden. Es muss jeder Anschein von Parteilichkeit vermeiden werden", heißt es dort.  

"Mehr Demokratie" nimmt Schwerte zum Vorbild

Alexander Slonka, Landesgeschäftsführer von
Alexander Slonka, Landesgeschäftsführer von "Mehr Demokratie". Foto: NRZ © PR | PR

Den Aufruf der Stadt ist für den Verein „Mehr Demokratie“ ein Ausdruck von Unbeholfenheit im Umgang mit dem Problem von drei Wahlen in kurzer Folge. Dass es auch anders gehe, beweise die Stadt Schwerte. Sie suche in diesem Jahr bereits zum wiederholten Male Wahlhelfer in der jungen Generation. In einem an Schulen verteilten Faltblatt werbe die Stadt für die Verbindung von Demokratie-Einsatz und Taschengeld-Aufbesserung durch die Aufwandsentschädigung, die jeder Wahlhelfer für seinen Einsatz erhalte. Auch die Möglichkeiten der Internetwerbung sieht "Mehr Demokratie" nicht ausgeschöpft. „Auf der städtischen Webseite fehlt ein Online-Formular zur Bewerbung als Wahlhelfer“, bemängelte Slonka.

Das bestreitet die Pressesprecherin auch gar nicht. Sie hält einen kurzen Anruf im Wahlsonderbüro allerdings für einfacher als ein Online-Formular, gerade auch deshalb, weil sich viele ältere Bürger als Wahlhelfer zur Verfügung stellten.

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