Berlin.. Keime in Krankenhäusern: Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU) mahnt bessere Hygiene und härtere Kontrollen an. NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) solle Krankenhausaufsicht leisten und „nicht auf andere zeigen“.
Als NRW-Gesundheitsminister war er der direkte Vorgänger von Barbara Steffens (Grüne). Jetzt ist Karl-Josef Laumann (CDU) oberster Patientenschützer der Bundesregierung – und beunruhigt über die Hygienenot in Krankenhäusern des Landes. Ein Gespräch.
Als Patientenbeauftragter der Bundesregierung sagen Sie: Gutes und Positives darf nicht vergessen werden, wenn es gilt, Probleme und Fehlentwicklungen offen und ehrlich anzusprechen. Gutes erscheint selbstverständlich im Krankenhaus; Schlechtes kann tödlich sein. Wie nah sind Sie Patienten, die unter Hygienefehlern in Kliniken leiden?
Karl-Josef Laumann: Was ich nach Ihren Recherchen über unsere Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen gelesen habe, ist ein unhaltbarer Zustand. Die Krankenhäuser sind dafür verantwortlich, dass sie Sauberkeit und Hygiene als oberstes Gebot einhalten. Und es scheint so zu sein, dass das in Nordrhein-Westfalen nicht in allen Krankenhäusern der Fall ist. Deshalb muss das Land mit all seinen Mitteln dafür sorgen, dass die Hygieneverordnungen und das Infektionsschutzgesetz in nordrhein-westfälischen Kliniken wie in ganz Deutschland eingehalten werden. Punkt.
Infektionsschützer sehen das bevölkerungsreichste Bundesland auf dem letzten Platz bei der Klinik-Hygiene. Was tragen Sie zum Wohle der Patienten bei? Die NRW-Gesundheitsministerin kritisiert Antibiotika in der Tiermast als Keimquelle. Dagegen brauche es Gesetze. Hier sei der Bund zuständig.
Laumann: Die Landwirtschaft ist in ganz Deutschland gleich. Die Hygiene in den Krankenhäusern ist es offenbar nicht. Wenn die Zustände in NRW-Kliniken in diesem Punkt die schlechtesten in ganz Deutschland sind, dann muss die nordrhein-westfälische Ministerin nicht auf andere zeigen, sondern muss sich selber an die Nase packen. Der Deutsche Bundestag hat auf die Problematik der multiresistenten Keime 2011 durch ein strengeres Infektionsschutzgesetz reagiert. Das Gesetz ist in Kraft. Die Durchführung dieses Gesetzes liegt ausschließlich bei den Ländern. Die Länder haben in Deutschland die Krankenhausaufsicht, nicht der Bund. Und wenn Krankenhäuser in NRW das Infektionsschutzgesetz nicht einhalten, dann ist die Krankenhausaufsicht, nämlich das Land NRW, dafür zuständig, dass dieses Gesetz eingehalten wird. Ich will einmal ein Beispiel nennen: Die Straßenverkehrsordnung ist auch ein Bundesgesetz, aber die nordrhein-westfälische Landesregierung hat die Polizei, die dafür zu sorgen hat, dass die StVO auf unseren Straßen eingehalten wird. Und genauso ist Frau Steffens dafür verantwortlich, dass die Infektionsschutzgesetze in NRW-Krankenhäusern eingehalten werden. Wenn Frau Steffens sagt, sie sei nicht zuständig, dann wäre das genau das Gleiche als wenn der Innenminister unseres Landes sagt, er sei nicht zuständig für die Polizei.
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Und was passiert, wenn Länder, die ein Bundesgesetz zum Handeln verpflichtet, die Zügel schleifen lassen?
Laumann: Dafür gibt es im Land eine Opposition. Aus meiner Sicht ist das logischerweise ein Fall für den Gesundheitsausschuss im NRW-Landtag. Dort müssen die Hygiene-Missstände in Kliniken auf den Tisch. Wenn es in einigen nordrhein-westfälischen Krankenhäusern so zugeht wie es offensichtlich zugeht, dann ist das ein Thema fürs Parlament. Das hat schließlich die Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren. Und es muss dafür sorgen, dass eine Regierung, die untätig ist, tätig wird.
Der Bund hat den Ländern auch die Krankenhausüberwachung übertragen. Was halten Sie von Hygiene-Kontrollen, die Wochen vorher angekündigt werden?
Laumann: Das sind keine effektiven Kontrollen. Man kann angekündigte oder unangekündigte Kontrollen machen. Das Land NRW kann dafür sorgen, dass unangemeldet kontrolliert wird. Frau Steffens sagt, das überlasse sie den Gesundheitsämtern vor Ort. Aber eine mutige Ministerin kann sagen, dass sie wünscht, dass auch unangemeldet kontrolliert wird. Die Heimaufsicht in Altenheimen kommt auch unangemeldet – in jedes Heim. Ich finde, was in einem Altenheim geht, das geht auch in einem Krankenhaus.
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Was können Sie aus Berlin zu einer besseren Hygiene beitragen?
Laumann: Wenn die Verantwortlichen vor Ort ihren Aufgaben nicht nachkommen, sehe ich es als meine Aufgabe an, sie zum Jagen zu tragen. Ich habe schon mit Minister Gröhe besprochen, dass wir unter anderen die zuständige Gesundheitsministerin anschreiben. Ich würde gerne wissen, wie sie und ihre Verwaltung die Situation einschätzt und was sie gedenkt zu tun. Und das werde ich mir dann genau anschauen. Denn der Patientenbeauftragte ist natürlich dafür da, dass Schutzbestimmungen für Patienten eingehalten werden. Hygiene im Krankenhaus ist Patientenschutz, und zwar einer der wichtigsten Eckpfeiler, die es im Patientenschutz überhaupt gibt. Man wird in einem Krankenhaus Keime nie ausschließen können, aber man muss alles tun, dass der Verbreitung von Keimen dort Einhalt geboten wird. Sauberkeit und Infektionsschutz sind die wichtigsten Tugenden in jedem Krankenhaus. Das ist die Grundlage der Arbeit dort. Es kann ja nicht sein, dass die Küche eines Landgasthauses in NRW offenbar schärfer kontrolliert wird als die Hygiene in den Krankenhäusern.