Kiew. Auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim ist am Freitagabend der Luftraum über der Hauptstadt Simferopol gesperrt worden. Zuvor hatten ukrainische Behörden berichtet, auf dem Autonomen Gebiet seien russische Militärmaschinen mit insgesamt rund 2000 Soldaten gelandet. Interimspräsident Alexander Turtschinow sprach von einer “militärischen Invasion“ der Russen.
Auf der ukrainischen Halbinsel Krim sind am Freitagabend nach Regierungsangaben 2000 russische Soldaten auf einer Militärbasis nahe der Regionalhauptstadt Simferopol gelandet. Übergangspräsident Alexander Turtschinow rief den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, umgehend die "militärischen Provokationen" und die "nackte Aggression gegen die Ukraine" zu stoppen. Schon am Morgen hatten unbekannte Bewaffnete zwei Flughäfen auf der Krim besetzt.
"Erst provoziert man einen Konflikt, dann annektiert man das Gebiet", sagte Turtschinow. "Russland hat Truppen auf die Krim geschickt und nicht nur das Parlament und den Regierungssitz der Krim besetzt, sondern versucht auch, die Kommunikationsmittel unter Kontrolle zu bringen." Russland müsse diese Provokation umgehend stoppen, seine Truppen zurückziehen und sich an das Abkommen von 1997 halten, das die russische Militärpräsenz auf der Krim regelt.
Obama warnt die Russen: Das hätte einen "Preis"
Auch US-Präsident Barack Obama richtete am Abend scharfe Worte an Moskau und warnte Russland vor einem militärischen Eingreifen in der Ukraine.
Die Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine hätte einen "Preis", sagte Obama am Freitag in Washington. Die Vereinigten Staaten seien "zutiefst besorgt" über die Berichte einer Entsendung russischer Truppen auf die Halbinsel Krim.
Zivile Flüge auf die Krim wurden gestrichen
Der Sondergesandte der ukrainischen Präsidentschaft auf der Krim, Sergej Kunizyn, sprach am Freitagabend im Fernsehen von einer "bewaffneten Invasion". Demnach landeten 13 russische Flugzeuge mit jeweils 150 Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Gwardeiskoje in der Nähe der Hauptstadt der autonomen Teilrepublik. Der Luftraum sei daraufhin geschlossen worden, sagte Kunizyn. Mehrere zivile Flüge nach Simferopol wurden gestrichen.
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Kurz zuvor hatte das ukrainische Außenministerium erklärt, offiziell Protest gegen die "Verletzung des Luftraums" der Ukraine durch Russland eingelegt zu haben. In einer Erklärung forderte das Ministerium am Freitagabend den "sofortigen Rückzug" der Soldaten auf ihre Stützpunkte. Demnach waren mindestens zehn Helikopter in den ukrainischen Luftraum eingedrungen, obwohl nur drei auf russische Anfrage eine Überflugerlaubnis erhalten hatten.
Gepanzerte Fahrzeuge auf den Straßen?
Augenzeugen berichteten am Abend von gepanzerten Fahrzeugen auf der Straße von Sewastopol nach Simferopol sowie von der Landung mehrerer Transportflugzeuge auf einem Militärflughafen bei Simferopol. In Sewastopol ist die russische Schwarzmeerflotte stationiert. Laut einem Abkommen von 1997 hat die russische Armee das Recht zur Nutzung des Marinestützpunkts. Es war am Abend unklar, wie weit sich die Truppen auch außerhalb bewegen dürfen.
Schwedens Außenminister Carl Bildt rief am Abend Russland auf, sofort seine Truppen auf der Krim auf ihre normalen Stützpunkte zurückzuziehen. "Simferopol liegt eindeutig außerhalb dieser Zone", schrieb er in dem Portal Twitter. Der EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hatte zuvor bereits zur Achtung der "territorialen Integrität" aufgerufen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief in einem Telefonat mit Putin zur "Zurückhaltung" auf der Krim auf.
Bewaffnete in Uniform - aber ohne Abzeichen
Bereits am Morgen hatten auf der Krim mit modernen Schnellfeuergewehren bewaffnete Männer in einheitlichen Uniformen ohne Erkennungszeichen den Flughafen von Simferopol und den Militärflughafen von Sewastopol besetzt. Innenminister Arsen Awakow warf der russischen Armee eine "bewaffnete Invasion" vor. Demnach handelte es sich eindeutig um russische Soldaten. Vertreter Russlands wiesen jedoch jegliche Verantwortung zurück.
Unterdessen äußerte sich Janukowitsch erstmals seit seiner Flucht in der Öffentlichkeit. Er sei noch immer der Präsident und werde weiter "für die Zukunft der Ukraine kämpfen", sagte Janukowitsch bei einer Pressekonferenz im russischen Rostow am Don. Er sei "nicht abgesetzt" worden, sondern habe das Land wegen der akuten Bedrohung seines Lebens verlassen. Er werde zurückkehren, sobald seine persönliche Sicherheit gewährleistet sei.
Janukowitsch ist für Hilfe Russlands - aber ohne Invasion
Janukowitsch gestand, seit seiner Flucht Putin nicht persönlich getroffen zu haben. "Russland kann nicht gleichgültig bleiben gegenüber dem Schicksal eines so wichtigen Partners wie der Ukraine", betonte Janukowitsch. Moskau müsse alle seine Möglichkeiten nutzen, "Chaos und Terror" in der Ukraine zu beenden, doch sei er "kategorisch gegen eine Invasion, eine Verletzung der Souveränität der Ukraine". Die Krim müsse Teil der Ukraine bleiben. (afp)