Berlin. Einen weiteren Koalitionskrach will die SPD-Spitze nicht riskieren. Deshalb hat sie eine Initiative rot-grüner Bundesländer zur doppelten Staatsbürgerschaft zurückgepfiffen. Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl sprach von einem “klaren Vertragsbruch“.

Nach heftiger Kritik vom Koalitionspartner CDU/CSU hat die SPD-Spitze eine Initiative rot-grüner Bundesländer zur doppelten Staatsbürgerschaft zurückgepfiffen. Die mit der Union vereinbarte Regelung, die den drei Ländern nicht weit genug geht, sei ein wichtiger Meilenstein in der Integrationspolitik, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi am Donnerstag in Berlin. "Die Grundlage dazu für die Bundesebene ist der Koalitionsvertrag."

Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein wollen durchsetzen, dass alle in Deutschland geborenen Kinder ausländischer Eltern zwei Pässe besitzen dürfen, auch wenn sie im Ausland aufgewachsen sind. Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, Kindern von Zuwanderern die doppelte Staatsangehörigkeit nur zu gewähren, sofern sie in Deutschland geboren und auch hier groß geworden sind.

Strobl sprach von "klarem Vertragsbruch"

Der Vorstoß der drei Länder im Bundesrat hatte bei der Union helle Empörung ausgelöst. Spitzenpolitiker von CDU und CSU warnten die SPD vor einem Bruch des Koalitionsvertrages und forderten ein Machtwort von Parteichef Sigmar Gabriel. "Mit Vertragsuntreue schafft man kein neues Vertrauen", sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer der Nachrichtenagentur dpa. Er rief Gabriel zur Klarstellung auf: "Was gilt jetzt? Ihre Unterschrift unter den Koalitionsvertrag oder die Trickserei Ihrer SPD-Ministerpräsidenten?"

Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl sprach von einem "klaren Vertragsbruch" und rief die SPD-Spitze auf, die Genossen in den Ländern von dem Vorhaben abzubringen. "Herr Gabriel muss das stoppen", sagte Strobl der "Rheinischen Post" (Donnerstag).

Kieler Ministerpräsident Albig verteidigte den Vorstoß

Der Kieler Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) verteidigte den Vorstoß. Er sagte der "Rheinischen Post", die Integration ausländischer Mitbürger habe hohe Priorität. Es gebe keinen vernünftigen Grund, die Optionsregelung zu halten und allenfalls durch bürokratische Ausnahmeregelungen aufzuweichen.

Der hessische SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel betonte, dass seine Partei nicht zu inhaltlichen Zugeständnissen an die Union wegen der Affäre um Sebastian Edathy bereit sei. "Wer glaubt, uns angesichts der schwierigen Lage in die Ecke drücken zu können, dem kann ich nur sagen: Vergiss es!", sagte Schäfer-Gümbel dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag).

Für die Linke im Bundestag begrüßte die Abgeordnete Sevim Dagdelen die Initiative der rot-grünen Länder. "Doch kaum blasen die Sozialdemokraten in den Ländern die Backen auf, lässt die SPD-Generalsekretärin die Luft wieder heraus, indem sie Vertragstreue gegenüber der Union bekundet." (dpa)