Essen/Berlin. . In Deutschland sterben mit 40.000 Opfern doppelt so viele Menschen an Krankenhausinfektionen wie allgemein bekannt. Das sagt die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Demnach infizierten sich jährlich eine Million Patienten aufgrund mangelnder Hygiene mit zum Teil lebensgefährlichen Keimen.

Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) erhebt schwere Vorwürfe: Halbierte Fallzahlen, wie sie das Nationale Referenzzentrum zur Überwachung von Klinikinfektionen nenne, seien „im Sinne der Krankenhauslobby geschönt und längst überholt“, sagte DGKH-Vorstand Prof. Klaus-Dieter Zastrow der WAZ.

Die DGKH vereinigt Deutschlands profilierteste Krankenhaushygieniker. Sie sagen: „50 Prozent aller Krankenhausinfektionen sind vermeidbar.“ Doch Hygiene werde oft verwaltet „wie eine schwarze Kasse: Man kassiert Geld, aber macht keine Hygiene.“ Dabei enthalte das 2011 verschärfte Infektionsschutzgesetz „strenge Regeln, die vom Land zu überwachen sind“.

„Die Krankenhausgesellschaft ist verbandelt mit dem Gesundheitsministerium“

Doch Krankenhausbetreiber seien davon „nicht begeistert“. Und deren Lobby sei mächtig: „Die Deutsche Krankenhausgesellschaft ist tief verbandelt mit dem Bundesgesundheitsministerium“, sagt Zastrow. Beide hielten das Thema klein, um Geld zu sparen – „vor allem zulasten der Patienten, aber auch der Pflegekräfte und Ärzte“.

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„Eklatante medizinische Unkenntnis“ fördere die Verharmlosung noch. So werde der Weg von lebensgefährlichen Keimen wie MRSA ins Blut „oft als schicksalhaft dargestellt“. Ebenso oft sei das „totaler Unfug“, sagt Zastrow. „Aber es wird unterstützt, weil die Lobby das gerne hören will, damit sie mit Hygiene möglichst wenig zu tun hat.“

Auffällige Kliniken sollen an den Pranger

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Krankenkassen sollten „die abgerechnete Leistung kontrollieren“, rät Zastrow. „Das Krankenhaus mit einer Infektionsrate von neun Prozent“ gehöre ins Internet, „damit der Patient sagt: Da geh’ ich lieber mal nicht hin.“ Hygieneverstöße müssten hart bestraft werden. „Wenn der Krankenhausleiter weiß, dass sich sein Chefchirurg nicht um Hygiene kümmert, muss er ihn feuern“, sagt Zastrow. „Das Gesetz gibt das her.“

Gesundheitsämter sollten bei Kon­trollen „auch mal hingucken“. Dann falle auf, dass in einigen Kliniken „alles außer Kraft gesetzt ist“. Oft genug frage man sich: „Warum greifen die da nicht ein?“

Das komplette Interview mit Prof. Klaus-Dieter Zastrow lesen Sie in unserem Recherche-Blog unter http://www.derwesten-recherche.org/