Karlsruhe. Hat Bundespräsident Joachim Gauck vor Schülern zu klare Worte gefunden? Seine “Spinner“-Äußerung prüft von Dienstag an das Bundesverfassungsgericht auf Antrag der NPD. Heikel ist der Fall auch, weil die Richter sich ebenfalls mit dem NPD-Verbotsverfahren beschäftigen.

Wie weit ein Bundespräsident mit seinen Äußerungen gehen darf, prüft von Dienstag an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die obersten deutschen Richter wollen in einer mündlichen Verhandlung klären, ob Joachim Gauck im Gespräch mit Schülern die Grenzen parteipolitischer Neutralität überschritten hat. Gauck hatte sich kurz vor der Bundestagswahl zu ausländerfeindlichen Protesten geäußert und auch das Wort "Spinner" in den Mund genommen. Die rechtsextreme NPD hatte geklagt.

Es ist das erste Mal, dass ein Staatsoberhaupt wegen seiner Wortwahl vor dem Bundesverfassungsgericht verklagt worden ist. Das Verfahren ist zudem heikel, weil der Zweite Senat auch das NPD-Verbotsverfahren bearbeitet. Gauck wird selbst nicht vor Gericht erscheinen. Mit einem Urteil wird zunächst nicht gerechnet.

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NPD müsse man ohne Verbot eben ertragen

Gauck hatte Ende August auf wochenlange, von der NPD unterstützte ausländerfeindliche Proteste gegen ein Asylbewerberheim in Berlin-Hellersdorf reagiert und die Gegendemonstranten unterstützt. Vor rund 400 Schülern einer Berliner Schule sagte der ehemalige DDR-Bürgerrechtler: "Wir brauchen Bürger, die auf die Straße gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufweisen. Dazu sind Sie alle aufgefordert." Solange die NPD nicht verboten sei, müsse man deren Ansichten allerdings ertragen, fügte er hinzu.

Die NPD argumentiert nun, angesichts der Bundestagswahl im September sei ihre vom Grundgesetz garantierte Chancengleichheit verletzt worden. Wie weit ein Bundespräsident mit seinen Äußerungen gehen kann, regelt das Grundgesetz nicht direkt. Eine Grundsatzentscheidung in Karlsruhe könnte daher Auswirkungen auf die weitere Amtsführung Gaucks und die seiner Nachfolger haben. (dpa)