Düsseldorf. . Die Landesregierung will den Einsatz von Elektroschock-Pistolen nicht ausweiten. Die sogenannten Taser setzen einen Angreifer mit einem Elektroschock matt - sind aber mitunter tödlich. Angesichts der wachsenden Gewalt gegen Polizeibeamte fordert die Gewerkschaft der Polizei aber eine Überprüfung der Praxis.

Immer mehr Polizisten werden im Dienst zur Zielscheibe von Übergriffen. „Die Gewalt verändert sich“, sagt Arnold Plickert. Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) listet Einsätze gegen Rocker, Hooligans oder militante Salafisten auf.

Und während Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestern eine breitere Verwendung von Elektroschock-Pistolen „weder sinnvoll noch erforderlich“ nannte, ist der so genannte „Taser“ längst nicht für alle Polizeibeamten tabu.

Bisher sind in NRW – wie in anderen Ländern – nur Spezialeinsatzkommandos (SEK) mit dem Taser ausgerüstet, der seinen Namen dem gleichnamigen Hersteller in den USA verdankt. Das Elektroimpulsgerät wird vor allem bei „Bedrohungslagen“ angewendet, wenn bewaffnete oder gewaltbereite Täter ausgeschaltet werden müssen oder falls ein Suizid droht. So steht es in einer Antwort Jägers auf eine Anfrage des CDU-Abgeordneten Gregor Golland.

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Stromstoß mit 50.000 Volt

Zwischen elf und 18 Mal pro Jahr kam der Taser seit 2010 in NRW zum Einsatz. Die Waffe ist umstritten. Wenn die Elektroden auf den Gegner abgeschossen werden, lähmt ein 50.000-Volt-Stromstoß die Muskulatur und macht den Getroffenen kampfunfähig. Die SEK sieht darin ein „probates Mittel“, um bei akuter Gefahr nicht Gebrauch von der Dienstpistole machen zu müssen. Das Gerät schließe „die Lücke zwischen Schlagstock oder Pfefferspray und der Schusswaffe“, so Jäger.

Dennoch lehnt Innenminister Jäger eine Ausweitung des Tasers auf die Bereitschaftspolizei oder den Wachdienst ab. Vor allem in den Vereinigten Staaten häuften sich Meldungen über schwere gesundheitliche Folgen vor allem für herzkranke oder unter Drogeneinfluss stehende Menschen. Zahlreiche Todesfälle soll es in den USA, aber auch in Kanada schon gegeben haben.

Jäger verweist zudem auf technische Risiken. Ohne dauerndes Training könne der Taser nicht sicher bedient werden. Speziell ausgebildete SEK-Beamte müssten in der Lage sein, einsatztaktisch schnell umzuschalten, falls das Gerät versagt. Für andere Bereiche der Polizei sei der Aufwand zu groß – und als zusätzliche Ausrüstung am Gürtel „nicht vertretbar“. Auch Polizisten sträuben sich gegen ein Dasein als „Hightech-Krieger“.

„Der Realität ins Augen sehen“

Doch zunehmende Gewalt gegen die Polizei – 80 Prozent haben nach eigenen Angaben in NRW schon Angriffe gegen sich erlebt – verändert die Sichtweise. Dem Landesdelegiertentag der GdP Anfang April in Dortmund liegt ein Antrag der Kreisgruppe Düsseldorf vor, den Taser auch im normalen Dienstalltag einzuführen. „Wir müssen der Realität ins Auge sehen“, sagt Plickert. Allein am Wochenende seien wieder acht Polizisten im Einsatz gegen randalierende Fußballfan verletzt worden.

Plickert will sich der Debatte „ergebnisoffen“ stellen. Ob generell die Ausrüstung der NRW-Polizei noch ausreicht, soll eine Arbeitsgruppe untersuchen. Dass die GdP am Ende den Taser für alle fordert, darf aber bezweifelt werden. Der Elektroschocker passt wohl nicht zum Selbstbild der „bürgerorientierten Polizei“.