Düsseldorf. . NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) setzt auf mehr Beratung und Hilfe, um Senioren vor der Sucht zu bewahren. Während der Alkoholkonsum ingesamt zurückgeht, sind immer mehr Ältere alkoholkrank. Genauso schlimm: Auch Mädchen und Frauen greifen öfter als früher zur Flasche.
Die Zahl der Alkoholiker hat in Deutschland in den letzten Jahren stark zugenommen. Fast 1,8 Millionen Deutsche sind alkoholabhängig – 2006 waren dies nach einer Studie des Münchner Instituts für Suchtforschung 1,3 Millionen. „Menschen mit Alkoholproblemen gibt es in allen Altersgruppen, unabhängig vom Einkommen“, sagte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) unserer Zeitung.
Zwar wächst die Zahl der Abhängigen, insgesamt aber geht der Konsum von Alkohol in der Bevölkerung zurück.
Druck im Beruf, Einsamkeit
Neben den bundesweit 1,8 Millionen abhängigen Alkoholikern, trinken laut Münchener Studie weitere 1,6 Millionen Menschen sehr viel Alkohol, gelten aber noch nicht als süchtig. Ministerin Steffens schätzt, dass in NRW mindestens zwei Millionen Menschen Alkoholprobleme haben – 400.000 gelten als abhängig.
70 Prozent sind Männer, 30 Prozent Frauen. Steffens nannte Gründe: „Die Ursachen für den übermäßigen Griff zur Flasche sind vielfältig. Gruppenzwang, Einsamkeit, Druck im Berufs- oder Privatleben, psychische Probleme. In vielen Kreisen ist überhöhter Alkoholkonsum auch wesentlicher Teil der Freizeitbeschäftigung oder gilt als cool.“
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Während junge Frauen zwischen 18 und 24 Jahren deutlich mehr Alkohol trinken als vor zehn Jahren, ist der Konsum bei den 40- bis 59-Jähriger rückläufig. Sorgen bereitet der Ministerin die steigende Abhängigkeit bei Älteren. Nach Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren (DHS) konsumieren 15,4 Prozent der Menschen ab 60 Jahre Alkohol in riskanter Weise. Bis zu 400.000 ältere Menschen in Deutschland seien von einem Alkoholproblem betroffen. Dabei ist, so die DHS, der Anteil Alkoholkranker in Alten- und Pflegeheimen im Durchschnitt höher als bei älteren Menschen in Privathaushalten.
„Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit bei Älteren nehmen zu. Isolation und der Verlust an Anerkennung im Alter können dazu beitragen, dass immer mehr alte Menschen suchtkrank werden“, weiß Steffens. Auch die DHS erwartet, dass aufgrund der demografischen Entwicklung die Sucht im Alter an Bedeutung zunehmen wird.
NRW hat deshalb 2012 mit Ärzten, Apotheken, Sozialverbänden und Kommunen ein Landeskonzept Sucht erarbeitet, das unter anderem mehr Beratungs- und Hilfsangebote zur Suchtvermeidung, Entwöhnung und Wiedereingliederung in den Beruf vorsieht. Insgesamt zahlt NRW jährlich 13,7 Millionen Euro für die Suchtvorsorge.
Mädchen holen auf
Rauschtrinken – fünf und mehr alkoholische Getränke am Tag – kommt bei Männern dreimal so häufig vor wie bei Frauen. So trinken 20,6 Prozent der Männer mindestens vier Mal im Monat „einen über den Durst“ – bei Frauen sind dies 6,6 Prozent.
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„Mädchen und junge Frauen holen beim exzessiven Trinken aber leider auf“, kritisierte Steffens. „Was als Ausdruck von Emanzipation erscheint, steht aber gerade nicht für ein neues weibliches Selbstbewusstsein.“
Während mehr Personen laut Münchener Studie „einen problematischen Konsum“ von Alkohol aufweisen, ist die Zahl der Konsumenten von Alkohol seit 2005 in allen Altersgruppen aber insgesamt zurückgegangen. Bezogen auf die letzten 30 Tage hatten 2012 immerhin 28,5 Prozent der über 18-Jährigen überhaupt keinen Alkohol getrunken.