Washington. . Seit 2002 halten die USA in dem Gefangenenlager auf Kuba Männer fest, die nach den Terroranschlägen von 2001 in Verdacht geraten waren. Längst ist klar, dass viele von ihnen nichts zu tun hatten mit El Kaida. Bis heute sitzen rund 80 Männer dort fest, weil die USA keine Aufnahmeländer finden.
Die US-Regierung will ihre weltweiten Bemühungen „offensiv verstärken“, Aufnahmeländer für als ungefährlich eingestufte Gefangene aus dem Anti-Terror-Lager Guantánamo Bay zu finden. Das sagte der Sonderbotschafter von Präsident Obama, Clifford Sloan, unserer Mediengruppe.
Ob auch die frisch gebildete Koalitionsregierung aus CDU/CSU und SPD in Berlin mit einer erneuten Aufnahmebitte konfrontiert wird, ließ der Jurist offen. „Ich kann keine Details aus Diskussionen nennen. Wir reden mit einer Vielzahl von Regierungen, um unseren Plan zu verwirklichen, die Haftanstalt in Guantánamo zu schließen, wie es der Präsident mehrfach bekräftigt hat. Viele Länder unterstützen uns in diesem Vorhaben.“
Seit der Anwalt und frühere Medienmanager, der unter anderem für den Obersten Gerichtshof und die Regierungen von Bill Clinton und George W. Bush tätig war, im Juli berufen wurde, konnten elf Gefangene in ihre Heimat- oder in Drittländer überstellt werden. Zuletzt nahm das EU-Mitgliedsland Slowakei am Silvester-Tag drei Uiguren auf.
Deutschland hat auch schon Guantanamo-Häftlinge aufgenommen
Deutschland hatte sich 2009/2010 geweigert, 17 in Guantánamo inhaftierte Angehörige der chinesischen Volksgruppe zu beherbergen. Sie galten nach Urteilen von US-Gerichten bereits bei ihrer Festnahme kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 als unschuldig: „zur falschen Zeit am falschen Ort“.
Auch interessant
Weil den während der Haft gefolterten Uiguren laut Menschenrechts-Organisationen in China massive Verfolgung droht, konnten sie nicht in ihre Heimat abgeschoben werden. In München, der Hochburg der Uiguren in Europa, hatte die SPD-geführte Stadtregierung seinerzeit grünes Licht signalisiert.
Man sehe keine Probleme, die Häftlinge zu integrieren, hieß es. Um Peking nicht zu verärgern, legte sich der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit Rückendeckung des Kanzleramtes quer. Deutschland nahm später zwei andere Guantanamo-Häftlinge auf.
Clifford Sloan hält die bislang erreichte Reduzierung der Gefangenenzahl für ermutigend. Sie ist Voraussetzung für die von Präsident Obama angestrebte komplette Schließung des Internierungslagers. „Wir sind sehr zufrieden. Wir spüren eine Dynamik und erwarten im neuen Jahr kontinuierliche Fortschritte.“
Vermittlung von als "unbedenklich" eingestuften Häftlingen
Sloan und sein Partner im Verteidigungsministerium, Paul Lewis, konzentrieren ihre Bemühungen auf die Vermittlung von rund 80 Häftlingen, die von allen zuständigen Behörden, Ministerien und Richtern auf amerikanischer Seite schon vor Jahren als unbedenklich eingestuft worden sind. „Sämtliche Häftlinge, die zur Verlegung freigegeben wurden, haben ein strenges Auswahlverfahren durchlaufen. Ihr Transfer wurde jeweils einstimmig befürwortet“, sagte Sloan.
Sloan betonte, dass eine im Kongress kürzlich verabschiedete Gesetzeslockerung den Transfer von Guantanamo-Häftlingen erleichtert. Dagegen sperren sich beide Kammern des Parlaments weiter dagegen, „Gitmo“-Häftlinge auf das amerikanische Festland zu verlegen. Auch dann, wenn rechtlich nichts gegen sie vorliegt.
US-Präsident Obama hatte bei Amtsantritt 2009 die Schließung von Guantanamo versprochen. Vor allem der Kongress verweigerte ihm seither regelmäßig die Gefolgschaft. Dabei schlagen die Zellentrakte auf der Karibikinsel für den amerikanischen Steuerzahler nach Angaben von Verteidigungsminister Chuck Hagel jährlich mit bis zu 500 Millionen Dollar zu Buche.
Die Kosten pro Häftling übersteigen damit um ein Vielfaches den Aufwand, den ein lebenslänglich verurteilter Mörder in einem Hochsicherheitsgefängnis auf dem amerikanischen Festland verursacht. Abgesehen davon, so Präsident Obama, schwäche Guantanamo das Ansehen Amerikas in der Welt und diene radikalen Gruppen bei der Rekrutierung von Nachwuchs.