Berlin. Wenige Tage vor dem SPD-Parteitag in Dresden gehen die Jusos auf Distanz zur designierten Führungsspitze. Die Juso-Bundesvorsitzende Franziska Drohsel kritisierte am Dienstag in Berlin, der vom Vorstand gebilligte Leitantrag für den dreitägigen SPD-Kongress sei nicht deutlich genug.
Wenige Tage vor dem SPD-Parteitag in Dresden gehen die Jusos auf Distanz zur designierten Führungsspitze um Sigmar Gabriel und Andrea Nahles. Die Juso-Bundesvorsitzende Franziska Drohsel kritisierte am Dienstag in Berlin, der vom Vorstand gebilligte Leitantrag für den dreitägigen SPD-Kongress sei nicht deutlich genug. «Deshalb werden wir einen Initiativantrag einbringen», sagte sie. Darin fordert der Parteinachwuchs, die SPD müsse sich ihrem «Gerechtigkeitsdefizit» stellen.
Kritisch halten die Jusos in ihrem Antrag mit der Überschrift «Unser Projekt Gerechtigkeit» fest, dass in den letzten elf SPD-Regierungsjahren die Schere zwischen Arm und Reich nicht etwa geschlossen wurde, sondern auseinander gegangen ist. Die Einkommens- und Vermögensverteilung habe sich insgesamt zulasten der Beschäftigten verschoben. Drohsel bilanzierte: «Durch die Hartz-Gesetze ist Armut trotz Arbeit für viele Realität. Die Rente mit 67 wird der Lebenswirklichkeit in vielen Betrieben nicht gerecht.»
Weite Teile der Bevölkerung haben nach Analyse der Jusos das Vertrauen verloren, «dass mit einer SPD-Regierungspolitik soziale Gerechtigkeit auch praktisch politisch verfolgt wird» und über Lippenbekenntnisse hinausgeht. «Vom Parteitag erwarteten die Jusos daher, dass die SPD den Kampf für Gerechtigkeit wieder in den Mittelpunkt stellt», erklärte Drohsel. Konkret forderte sie «eine Umverteilung von oben nach unten», etwa durch die Vermögensteuer und die Börsenumsatzsteuer.
Diskussionskultur gefordert
Auch das Gesprächsklima in der SPD müsse sich ändern, meinte sie. «Der Prozess muss von unten nach oben verlaufen. Es muss Schluss sein mit einer Diskussionskultur, wo oben entschieden wird und die Partei nur zu folgen hat.» Gefordert sei der Dialog mit anderen gesellschaftlichen Gruppen, Bewegungen und besonders den Gewerkschaften.
Der 50-jährige Niedersachse Gabriel soll auf dem Parteitag, der Freitag beginnt und Sonntag endet, zum Nachfolger von Franz Müntefering gewählt werden, der nach der historischen Niederlage bei der Bundestagswahl nicht wieder antritt. Nach einer Empfehlung der Parteispitze soll Münteferings bisherige Stellvertreterin Andrea Nahles Generalsekretärin werden. Als stellvertretende Parteichefs kandidieren die nordrhein-westfälische Landeschefin Hannelore Kraft, Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit sowie der bisherige Arbeitsminister Olaf Scholz und die Sozialministerin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig. Barbara Hendricks soll Schatzmeisterin bleiben. (ap)