Essen. Rot-Rot ist für die Jungsozialisten kein rotes Tuch. Im Interview sprach die Juso-Bundesvorsitzende Franziska Drohsel über die wachsende Lust auf einen linken Partner. Der Neoliberalismus habe auch in der SPD Einzug gehalten, damit sei jetzt hoffentlich endlich Schluss.

Frau Drohsel, warum sieht man so viele zufriedene Gesichter in der SPD? Ergebnisse zwischen 10 und 25 Prozent sind doch wohl kein Grund zum Feiern.

Franziska Drohsel: Die CDU hat in zwei Ländern horrend verloren. Ohne die SPD wird es dort keine Regierung geben. Und in NRW haben wir unter anderem die großen Städte Köln und Essen zurückerobert.

Böse Zungen behaupten, dass sich die SPD gerade von ihrem Status als Volkspartei verabschiedet?

Hat keine Berührungsängste mit den Linken: Juso-Chefin Franziska Drohsel, hier mit dem SPD-Parteichef Franz Müntefering beim Bundeskongress der Jusos in München. Foto: ddp
Hat keine Berührungsängste mit den Linken: Juso-Chefin Franziska Drohsel, hier mit dem SPD-Parteichef Franz Müntefering beim Bundeskongress der Jusos in München. Foto: ddp © ddp

Drohsel: Das fürchte ich nicht. Aber wir haben eben eine ganz andere Konstellation als früher. Es gibt heute ein Fünf-Parteien-System, und daran dürfte sich so schnell auch nichts ändern. Wir müssen auf diese Lage reagieren.

Indem Sie die Linkspartei als Partner entdecken?

Drohsel: Auf Landesebene können die Sozialdemokraten sowieso selbst entscheiden, mit wem sie am besten Politik machen können. Auf Bundesebene hat die Partei eine Zusammenarbeit mit der Linken nach der Bundestagswahl am 27. September klar ausgeschlossen. Wie es in Zukunft aussehen wird, ist offen.

Ist die Linke für Sie persönlich auch heute schon ein akzeptabler Partner?

Drohsel: Wir Jungsozialisten sind seit langem schon für eine intensive Auseinandersetzung mit der Linken. Die Jugendverbände beider Parteien haben gute Kontakte, und es gibt gemeinsame Aktionen. Aber wir sind natürlich gute Demokraten: Wenn die Partei mehrheitlich Rot-Rot im Bund ausschließt, dann respektieren wir das.

Wie kann man denn einer immer stärker werdenden Linken den Schneid abkaufen?

Drohsel: Die SPD hat noch immer ein Glaubwürdigkeitsproblem. Aber das Wahlprogramm zeigt: Die SPD hat die Zeichen der Zeit erkannt. Die Schere zwischen Arm und Reich muss wieder geschlossen werden, die Wirtschaft gehört besser kontrolliert. Viele Bürger sehnen sich nach einer Gesellschaft, in der Chancengleichheit wieder größer geschrieben wird.

Wie kann eine Partei das glaubwürdig rüberbringen, die selbst die ungeliebte Agenda 2010 mit auf den Weg gebracht hat?

Drohsel: Der Neoliberalismus war vor ein paar Jahren sehr in Mode, und er hatte auch in die SPD Einzug gehalten. Damit ist jetzt hoffentlich endlich Schluss.

Haben Sie keine Angst vor einer „Rote-Socken-Kampagne” von CDU und FDP?

Drohsel: Die Konservativen werden so was wohl versuchen, aber das verfängt nicht mehr bei den Wählern. Wir leben doch nicht mehr im Kalten Krieg.