Berlin. In vielen Bereichen hakt es bei den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD - doch am Mittwoch sollen in großer Runde immerhin einige Fakten geschaffen werden. Das Thema Pkw-Maut gehört wohl nicht dazu - da liegen die Streithähne noch zu weit auseinander.
Union und SPD wollen am Mittwoch in ihrer fünften großen Koalitionsverhandlungs-Runde Beschlüsse zu den Bereichen Umwelt, Innenpolitik, Verbraucherschutz und Bildung fassen. Auch wird eine gemeinsame Linie bei der europäischen Bankenunion erwartet.
Keine Einigung wird es wohl bei den Streitpunkten doppelte Staatsbürgerschaft, Gentechnik und Ganztagsschulen geben. Die großen Problembereiche Rente, Pkw-Maut, Finanzen und Mindestlohn sollen nicht angesprochen werden. Bis zum 27. November soll der Koalitionsvertrag von Union und SPD stehen. Bis dahin sind drei weitere große Runden angesetzt.
Das Bafög soll erhöht werden
Die 77 Verhandler wollen sich darauf verständigen, Verbraucher besser vor unseriösen Geschäftspraktiken wie schnellen Vertragsabschlüssen am Telefon zu schützen. Geplant sind zudem bundesweit einheitliche Standards bei Lebensmittelkontrollen sowie Maßnahmen gegen Zwangsabschaltungen von Strom.
Das Bafög soll in der neuen Wahlperiode erhöht werden - um wie viel Geld, ist offen. Die umstrittene Fracking-Gasförderung aus tiefen Gesteinsschichten in Deutschland soll vorerst untersagt werden. Die Arbeitsgruppe Innen und Justiz legt ein Papier vor, wonach Konsequenzen aus den Ermittlungspannen bei der Verfolgung der rechten Terrorzelle NSU gezogen werden und die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden verbessert werden sollen.
CSU-Chef will an Pkw-Maut festhalten
Beim Thema Pkw-Maut legt sich CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt darauf fest, dass seine Partei ungeachtet des anhaltenden Streits in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD an ihren Plänen festhalten wird. "Die Maut wird kommen", sagte er der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". "Wir brauchen mehr Gerechtigkeit auf deutschen Straßen. Deshalb müssen die ausländischen Autofahrer unsere Infrastruktur mitfinanzieren. Belastungen für inländische Autofahrer wird es nicht geben."
Die SPD hatte die Koalitionsverhandlungen der Arbeitsgruppe Verkehr am Dienstag unterbrochen. Der stellvertretende Saar-Ministerpräsident Heiko Maas (SPD), der in der Arbeitsgruppe Energie mitverhandelt, sagte im Sender n-tv: "Ich glaube nicht, dass die Maut kommen wird. Das wird nicht funktionieren - unabhängig davon, ob es europarechtlich geht oder nicht." Maas verwies auf Gerechtigkeitsprobleme bei der Verrechnung von Pkw-Maut und Kfz-Steuer im Inland.
Für SPD ist Koalition "keinesfalls in trockenen Tüchern"
Der "Bild"-Zeitung sagte Maas: Die jetzt aufgebrochenen Konflikte zeigen, dass die große Koalition noch "keinesfalls in trockenen Tüchern ist." Die Verhandlungen seien in einer "ganz entscheidenden Phase". Den Mitgliederentscheid über eine Koalitionsbildung "werden wir nur bestehen, wenn wir genügend sozialdemokratische Inhalte durchsetzen werden".
Der SPD-Verhandlungsführer für Verkehr, Florian Pronold, sagte zur Unterbrechung der AG-Verhandlungen, seine Delegation habe über die Lkw-Maut reden wollen. Nachdem die Union sich geweigert habe, "auch nur über das Thema zu diskutieren, geschweige denn in einen Entscheidungsprozess einzutreten", habe die SPD die Sitzung beendet.
Lkw-Maut soll am 18. November besprochen werden
Der amtierende Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) äußerte sich enttäuscht. "Es fällt schwer zu glauben, dass die Maut der tatsächliche Grund für den Auszug der SPD gewesen ist."
Nach dem Abbruch des AG-Treffens am Dienstag erwartet die SPD nun, dass in der nächsten Sitzung am 18. November über die Lkw-Maut und andere noch offene Themen beraten und entschieden werden kann. In Berlin gilt mittlerweile als wahrscheinlich, dass die Pkw-Maut erst zum Schluss der Verhandlungen mit den Parteichefs geklärt wird. Die CSU will eine Vignette für alle Autos, um auch Fahrer aus dem Ausland zur Kasse zu bitten. Ob Mehrbelastungen für Deutsche damit verbunden wären, ist vorerst unklar. Angestrebt wird ein Ausgleich über die Kfz-Steuer. (dpa)