Berlin. . Die NRW-Regierungschefin und ihr Wirtschaftsminister machen sich für die Schwerindustrie stark. Der grüne Koalitionspartner ist nicht begeistert. Aber auch in der SPD missfällt inzwischen einigen der Kurs der Landesmutter, die in Berlin die Energie-Verhandlungen mit der Union leitet.
In der SPD, aber auch in der rot-grünen Landesregierung, zeichnet sich eine Richtungsdebatte über den Kurs in der Energie- und Umweltpolitik ab. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) stellte sich hinter Forderungen von Industrie und Stromkonzernen. Kraft machte in einem Interview der Süddeutschen Zeitung deutlich, dass der Erhalt von Arbeitsplätzen Vorrang haben müsse vor einer schnellen Energiewende.
„Wichtig ist, dass wir die Industriearbeitsplätze in unserem Land erhalten“, so Kraft, die von ihrer Partei als Verhandlungsführerin für den Bereich Energie in den Koalitionsverhandlungen mit der Union ernannt wurde. Entscheidend sei, auch die Energiepreise für Verbraucher und Unternehmen im Blick zu behalten. Auch ein Energiekonzern wie RWE brauche Verlässlichkeit, sagte Kraft. „Wir haben bei der Energiewende derzeit keinen klaren Kurs, um Investitionssicherheit zu bieten.“
RWE und Thyssen-Krupp drohten mit Arbeitsplatzabbau
Große Energie- und Stahlkonzerne aus NRW hatten zuletzt direkt oder indirekt mit dem Abbau von Arbeitsplätzen gedroht. Bei RWE waren Überlegungen lanciert, aber von RWE-Chef Peter Terium dementiert worden, den Braunkohletagebau Garzweiler II vorzeitig einzustellen. Thyssen-Krupp pocht auf den Erhalt der reduzierten Ökostrom-Umlage. Kraft bekannte sich allerdings auch grundsätzlich zu den energie- und klimapolitischen Zielen im Wahlprogramm der SPD, das ehrgeizige Ausbauziele für erneuerbare Energien festschreibt.
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Auch Bundespräsident Joachim Gauck wies am Wochenende auf die Herausforderungen bei der Umsetzung der Energiewende hin: „Sie muss für Produzenten und Verbraucher wirtschaftlich tragfähig sein“, mahnte Gauck.
In der SPD regt sich Widerstand gegen Krafts Kurs
Doch prominente SPD-Politiker machten sich in einem offenen Brief an den SPD-Parteivorstand dafür stark, den Themen Umwelt und Klima bei den Koalitionsverhandlungen mit der Union größere Bedeutung zu geben. „Wir erwarten von unserer Verhandlungsführung ein klares Eintreten für Langfristigkeit, Klima und Umwelt“, so Erhard Eppler, Monika Griefahn, Volker Hauff, Jo Leinen, Gesine Schwan und Ernst-Ulrich von Weizsäcker in dem Schreiben. Es müsse wieder einen klaren Schwerpunkt der SPD bei Klima- und Nachhaltigkeitspolitik geben.
Kritisch äußerte sich auch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt zu Krafts Mahnungen. Sie warf Union und SPD vor, ihnen seien „die kurzsichtigen Interessen der großen Energiekonzerne wichtiger als der Schutz des Klimas und die Bewahrung der Schöpfung“.
Zuvor hatte sich bereits Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) dafür ausgesprochen, das Tempo beim Ausbau erneuerbarer Energien zu drosseln und Betreiber fossiler Kraftwerke stärker zu fördern.
Beim Koalitionspartner Grüne stieß dies auf Widerstand. Umweltminister Johannes Remmel wandte sich gegen den Vorschlag Duins, im Zuge der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes die Anzahl der von der EEG-Umlage befreiten Unternehmen zu erhöhen. Auch sei beim Ausbau der Erneuerbaren „nicht weniger, sondern mehr Tempo“ gefragt. (dpa/afp)