Berlin. Aus Protest gegen die mutmaßlichen US-Spähangriffe auf das Handy von Kanzlerin Angela Merkel hat Außenminister Guido Westerwelle den amerikanischen Botschafter John B. Emerson einbestellt. Ein Regierungssprecher bestätigte am Donnerstag in Berlin einen entsprechenden Medienbericht.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat wegen der Affäre um die mögliche Überwachung des Handys von Bundeskanzlerin Angela Merkel den US-Botschafter einbestellt. «Dabei wird ihm die Position der Bundesregierung deutlich dargelegt werden», sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts am Donnerstag und bestätigte damit Informationen von «Spiegel Online».
Auch die Bundesanwaltschaft hat sich in die Affäre um die mutmaßliche Überwachung des Handys eingeschaltet: Die Behörde legte einen sogenannten Beobachtungsvorgang an und will die mit der Affäre befassten Bundesbehörden um Übermittlung ihrer Erkenntnisse bitten, wie ein Sprecher der Bundesanwaltschaft am Donnerstag in Karlsruhe mitteilte.
Merkel und Frankreichs Staatspräsident François Hollande werden sich vor Beginn des EU-Gipfels in Brüssel zu einem persönlichen Gespräch treffen. Das verlautete am Donnerstag aus Regierungskreisen. Es sei ein Routinetreffen, das die beiden Politiker üblicherweise zur Vorbereitung und Abstimmung vor einem EU-Rat führten, hieß es.
Empörung in Frankreich und Deutschland
In dem Gespräch dürfte es aber auch um die Affäre um den US-Geheimdienst NSA gehen. Neue Berichte über massive US-Spionage in Frankreich hatten in Paris jüngst eine Welle der Empörung ausgelöst. Hollande und US-Präsident Barack Obama hatten daraufhin telefoniert.
Merkel hatte am Mittwoch in einem Telefonat mit Obama Aufklärung über Hinweise verlangt, dass ihr Mobiltelefon von amerikanischen Diensten abgehört werde. Auch in Deutschland ist die Empörung groß.
Die mutmaßliche Überwachung von Merkels Mobiltelefon beschäftigt heute auch den Bundestag. Der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) des Parlaments, Thomas Oppermann (SPD), teilte am Donnerstag in Berlin mit, er habe kurzfristig für 14.00 Uhr eine Sondersitzung einberufen. "Wer die Kanzlerin abhört, der hört auch die Bürger ab", erklärte Oppermann. Das geheim tagende PKG ist für die Kontrolle von Geheimdienst-Aktivitäten zuständig.
"Die Aufklärung steht erst am Anfang"
Oppermann erklärte weiter, er sehe durch den aktuellen Vorgang eigene Befürchtungen wegen der Abhörpraktiken vor allem des US-Geheimdienstes NSA bestätigt. "Die NSA-Affäre ist nicht beendet. Die Aufklärung steht erst am Anfang", widersprach der SPD-Politiker zudem früheren Einschätzungen von Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU).
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"Die Überwachungstätigkeit der NSA ist völlig aus dem Ruder gelaufen und befindet sich offenbar jenseits aller demokratischen Kontrolle", fügte Oppermann hinzu. Merkel hatte wegen des Vorgangs am Mittwoch US-Präsident Barack Obama angerufen und ihn aufgefordert, solche Überwachungspraktiken unverzüglich zu unterbinden.
Die US-Regierung versicherte, die Kanzlerin werde nicht überwacht. Dabei blieb aber offen, ob es in der Vergangenheit von Seiten der USA Lauschangriffe auf Merkel gegeben hat. (afp/dpa/rtr)