Washington. Der frühere Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden weist Spekulationen über eine Zusammenarbeit mit chinesischen oder russischen Agenten vehement zurück. Weder der russische noch der chinesische Geheimdienst hätten Zugriff auf seine Dokumente gehabt, beteuert er in einem Interview.
Der Ex-US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der den Skandal um ausufernde Internet-Überwachung auslöste, hat nach eigenen Worten keine geheimen Dokumente nach Russland mitgenommen. Er habe im Juni in Hongkong vor der Weiterreise nach Russland alle Unterlagen an Journalisten übergegeben, erklärte Snowden in einem am Freitag veröffentlichten Interview der "New York Times". Er habe keine Kopien behalten. "Die Wahrscheinlichkeit, dass Russen oder Chinesen irgendwelche Dokumenten bekommen haben, liegt bei null Prozent", betonte Snowden.
Er habe sich nur so lange nicht zum Verbleib der Dokumente geäußert, um nicht noch mehr Aufmerksamkeit der Behörden auf die Journalisten zu lenken, sagte Snowden. Der Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald und die Filmemacherin Laura Poitras, die Snowden in Hongkong interviewt hatten, gelten als die einzigen, die vollen Zugang zu den gesamten Unterlagen haben.
Snowden: "Kein Überläufer, sondern Informant"
Er sei sich sicher, dass auch chinesische Agenten während seines Aufenthalts in Hongkong keinen Zugriff auf die Dateien gehabt hätten. Aus seiner Tätigkeit für die NSA könne er deren Fähigkeiten einschätzen. Zum Ende seiner Zeit bei dem US-Abhördienst sei China sein Fachgebiet gewesen. Er sei kein Überläufer, sondern ein Informant, der Gesetzesverstöße aufdecken wolle.
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Das Interview sei im Laufe mehrerer Tage in der vergangenen Woche über verschlüsselte Online-Kommunikation geführt worden, schrieb das Blatt. Snowden erklärte, er lebe nicht unter Kontrolle der russischen Behörden und könne sich frei bewegen. Er hatte Asyl in Russland beantragt, nachdem er im Juni für mehrere Wochen im Transitbereich eines Moskauer Flughafens gestrandet war. Die US-Behörden hatten seine Dokumente annulliert.
"Geheime Fortführung dieser Programme größere Gefahr als ihre Aufdeckung"
Snowden betonte, die Entscheidung, NSA-Dokumente zu veröffentlichen, sei langsam gewachsen. Er habe sich zum Handeln entschieden, als er eine Kopie eines geheimen Berichts aus dem Jahr 2009 über ein unberechtigtes NSA-Abhörprogramm während der Präsidentschaft von George W. Bush entdeckt habe. Das sei ein Schlüsselerlebnis gewesen: "Man kann nicht so etwas lesen und nicht verstehen, was dies für alle Systeme, die wir haben, bedeutet." Wenn ranghohe Beamte in einer Regierung gegen Gesetze verstoßen, ohne eine Strafe zu befürchten, würden Geheimdienste außerordentlich gefährlich.
Snowden argumentierte, dass sein Vorgehen der nationalen Sicherheit der USA helfe, indem es eine dringend benötigte öffentliche Debatte über den Umfang der Geheimdienstarbeit anstoße. "Die geheime Fortführung dieser Programme stellt eine viel größere Gefahr dar als ihre Aufdeckung", erklärte Snowden.
Eine Sprecherin der NSA habe am Donnerstag nicht auf die Kommentaranfrage zu Snowdens Behauptungen geantwortet, schreibt die "New York Times". (dpa)